solidarpakt: Freiwillige vor!
Seien wir ehrlich: Weniger arbeiten möchte jeder, dafür weniger Geld bekommen eher nicht. Schon gar nicht in Zeiten, in denen vieles teurer wird. Genau das aber verlangt eine Senatsidee von den Berliner Bediensteten: Statt bis zu 40 soll nur noch 35 Stunden gearbeitet werden, entsprechend weniger Lohn oder Gehalt kommt aufs Konto.
Kommentar von RICHARD ROTHER
Die Idee klingt verlockend, wäre doch Berlin einen Großteil seiner Finanzprobleme mit so einem radikalen Schritt los. Aber wie immer – wenn es konkret wird – tauchen Probleme auf. Einkommen und Arbeitszeit im öffentlichen Dienst sind bundesweit tarifvertraglich geregelt. Dass die Gewerkschaften an der Tarifautonomie festhalten und Öffnungsklauseln ablehnen, darf nicht verwundern. Stellten sie die Tarifautonomie in Frage, untergrüben sie ihre Existenzberechtigung.
Allerdings hat sogar die kampfstarke IG Metall Öffnungsklauseln in Ostdeutschland zugestimmt, um im Einzelfall wirtschaftlich schwachen Unternehmen zu helfen. Dass Berlin kein brummendes Unternehmen ist, müsste auch eingefleischten Gewerkschaftern einleuchten. Und die Frage ist berechtigt, inwieweit weniger Arbeit ein Mehr an Lebensqualität sein kann – auch mit weniger Geld.
Allerdings muss die soziale Balance gewahrt bleiben: Einer allein erziehenden Kindergärtnerin ist beispielsweise ein Lohnverzicht kaum zuzumuten. Einem gut verdienenden Amtsleiter wünscht hingegen vielleicht nicht nur der Finanzsenator, sondern auch manch Untergebener, dass er weniger Zeit im Büro ist. Nicht nur bei den Solidarpaktverhandlungen am Montag gilt: Freiwillige vor!
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