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Archiv-Artikel

seebestattung für eine kirche von RALF SOTSCHECK

Der Irrsinn ist unter irischen Pfarrern weiter verbreitet, als bisher angenommen. Vorvergangene Woche rammte Pater Neil Horan bei den Olympischen Spielen in Athen den führenden Marathonläufer Vanderlei de Lima aus Brasilien aus dem Weg, um „auf die Bibel aufmerksam zu machen“, wie er sagte. De Lima verlor die sicher geglaubte Goldmedaille und wurde Dritter. Der 57-jährige Pfaffe aus dem Südwesten Irlands hatte vor einem Jahr schon einmal Schlagzeilen gemacht, als er während des Formel-1-Rennens in Silverstone über die Piste marschierte, damals aber keinen Rennwagen aus dem Weg rammte.

Das Olympische Komitee Irlands will de Lima zum Trost als Ehrengast zum Dubliner Marathon Ende Oktober einladen. Man kann dem Brasilianer nur abraten. In Irland wimmelt es von durchgeknallten Pfaffen. Tridentiner-Bischof Michael Cox zum Beispiel. Der ist vorige Woche mit einer schwimmenden Kirche in See gestochen. Er hatte einen 25 Meter langen Fischkutter gesegnet und war mit drei Mann Besatzung von der Westküste gen Norden gesegelt. Mit seinem „Holy Ship“ wollte er den Kampf gegen die „Aurora“ aufnehmen, ein Abtreibungsschiff aus Holland, das angeblich auf dem Weg nach Irland sei.

Hatte niemand der predigenden Knalltüte erklärt, dass die Niederlande gar nicht nördlich von Irland liegen? Darüber hinaus war der letzte Besuch der „Aurora“ 2001 ein Reinfall, weil die Frauenorganisation „Women on Waves“, die das Schiff betreibt, vergessen hatte, sich von den Behörden in Den Haag eine Abtreibungsgenehmigung zu besorgen. So lag die „Aurora“ tagelang im Dubliner Hafen, während die holländischen Ärztinnen kostenlos Verhütungsmittel verteilten – eine wahrhaft mutige Tat, wenn sie 50 Jahre früher geschehen wäre. Nach dem damaligen Desaster werden sie sich mit der „Aurora“ wohl kaum noch einmal blicken lassen.

Der Bischof hatte offenbar Informationen von höherer Stelle. „Ich habe gehört, dass dieses Schiff nach Irland zurückkehren soll, und dagegen wollte ich etwas tun“, sagte er. „Deshalb habe ich den Fischkutter geweiht und wollte damit das Abtreibungsschiff angreifen.“ Eine treibende Kirche gegen ein Abtreibungsschiff? Plante Cox eine Seeschlacht à la Trafalgar?

Daraus ist jedenfalls nichts geworden. Die Kirche war nicht mal eine Stunde auf dem Wasser, als im Maschinenraum ein Feuer ausbrach. Die Mannschaft konnte es zwar löschen, doch wenige Minuten später brach es erneut aus, so dass der Kirchenfunker SOS-Signale aussenden musste. Die Küstenwache schickte einen Hubschrauber, in den die Besatzung mit einer Seilwinde gehievt wurde, während die Kirche kenterte und in den Fluten versank. Der Pilot setzte die Mannschaft in Knock ab – ausgerechnet Knock, dem Wallfahrtsort, wo vor 124 Jahren Maria, ihr Mann Josef sowie Johannes der Täufer, der als Bischof verkleidet war, vor einem ausgesuchten Publikum von 15 Menschen erschienen waren.

Diesmal stieg Bischof Cox vom Himmel herab. Als er aus dem Hubschrauber herausgeklettert war, sagte er: „Ich werde nun beten, um herauszufinden, was ich jetzt tun soll.“ Gott wird sich schon etwas einfallen lassen. Offenbar hat er Humor.