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Archiv-Artikel

schwabinger krawall: tobende hunde, bellende menschen von MICHAEL SAILER

Es war noch ziemlich früh am Mittag, wahrscheinlich hat der Jackie deswegen nicht besonders gut aus den Augen gesehen, aber es hätte ja eigentlich auch der Hubsi aufpassen müssen, weil sie aus seiner Haustür herausgestolpert gekommen sind, und den letzten Gin Tonic, den hat der Jackie schließlich auch vom Hubsi gekriegt gehabt – und tapfer ausgetrunken, wegen der Gastfreundschaft oder so, obwohl der Hubsi da längst auf der Toilette eingeschlafen war und vorher schon seit Stunden nicht mehr gewusst hat, wo sie überhaupt sind.

Jedenfalls hat der Jackie den Hundehaufen nicht gesehen, ist mitten hineingestiefelt und ausgerutscht und wäre bald noch hingefallen, wenn er sich nicht an einem Verkehrsschild aufgefangen hätte. Der Hubsi hat vorsichtig gelacht – vorsichtig, wegen des Kopfwehs. Der Jackie hat „Scheißhundsviecher!“ und noch einige andere Sachen gebrüllt und sich von einem Mann im grünen Lodenmantel mit einem der Größe nach unschuldigen Dackel anhören müssen, so was sage man nicht, das brülle man noch viel weniger, und vor allem sei man am Sonntag um ein Uhr mittags nicht besoffen wie ein Dromedar, in welchem Fall man sich nicht wundern müsse.

Der Dackel hat derweil wie am Spieß gebellt, wovon zwei Dalmatiner aufmerksam geworden sind, die ihr Frauchen bei Rot über die Ampel gezogen haben, um ebenfalls auf den Jackie einzukläffen. Der Hubsi war inzwischen wieder im Haus verschwunden.

Wie dann auch noch ein Schäferhund und drei Punkhippie-Mischlinge eingetroffen waren, ist es dem Jackie zu bunt geworden; er hat ausgeholt und dem einen von den Dalmatinern einen dermaßenen Spitz verpasst, dass das Tier von einem Taxi überfahren worden wäre, wenn der Chauffeur nicht fulminant gebremst hätte. Leider ist dabei eine Radfahrerin in die Hundeleine hineingeradelt und mitsamt ihrem Einkaufskorb der Länge nach auf die Kurfürstenstraße geflogen – die Frau aber hat sofort beschlossen, die Polizei zu rufen.

Die versammelten Hundebesitzer, die der Jackie derweil ausgiebig „Drecksäue“, „Hosenscheißer“ und „schwule Nazis“ genannt hat, haben sich spontan als Zeugen gemeldet und sind darangegangen, den Übeltäter an einer eventuellen Flucht zu hindern. Der Jackie wollte losrennen, hat sich dabei aber auch in einer Hundeleine verfangen und ist mit dem Kopf gegen das Verkehrsschild geknallt. Der Boxer, zu dem die Leine gehört hat, ist wie ein Veitstänzer um ihn herumgetobt, hat solcherart sein Bein erst gefesselt und dann auch noch hineingebissen.

Er habe eine Blutvergiftung und müsse sterben, hat der Jackie gebrüllt, als die Polizei endlich eingetroffen ist, die der Hubsi, weil ihm das Geschrei und Gebell dermaßen auf die Nerven gegangen ist, vom Fenster aus mit einer Plastiktüte voller Wasser beworfen hat. Nebenbei stellte sich dabei heraus, dass der Jackie nicht in einen Hundehaufen getreten war, sondern in einen aufgeweichten Silvesterknaller.

Immerhin haben die Beamten diesmal keine Rauschgifthunde dabeigehabt, und der Jackie und der Hubsi wollten den Sonntagabend sowieso gemeinsam verbringen, wenn auch woanders.