schnittplatz: Ahnungsloser Dauercamper
Was er denn davon halte, wurde WDR-Intendant Fritz Pleitgen am Freitag vergangener Woche bei einer Pressekonferenz seines Senders in Köln gefragt, dass einige programmprägende Moderatoren der jungen WDR-Radiowelle „Eins Live“ gleichzeitig im Fernsehprogramm der privaten Konkurrenz aufträten. Wie zum Beispiel Miriam Pielhau in der Internet-Show „Giga TV“ bei NBC Europe oder Kena Amoa bei Sat.1.
Das sei schon in Ordnung, sagte der Intendant, der WDR könne diese freien Moderatoren ja nicht fest beschäftigen, und da sei es nur zu verständlich, wenn sie auch andere Gelegenheiten wahrnähmen, sich zu profilieren – und Geld zu verdienen.
Und so lange sie nicht ihrem eigenen Image und dem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schadeten, führte Pleitgen aus, so lange sei das, wie gesagt, schon in Ordnung. Wenn aber, und jetzt hob der Intendant die Stimme, jemand vom WDR bei Sendungen wie „Girlscamp“ aufträte, ja dann . . .
Schade nur, dass mit Kena Amoa tatsächlich ein „Live Eins“-Boy für Sat.1 allnächtlich das „Girlscamp“ moderiert und dort Duschszenen nackter „Mädels“ anpreisen muss.
Sein Informationsdefizit wird der viel beschäftigte Pleitgen wohl nur beheben können, wenn er demnächst sowohl die hauseigenen Radio-Moderatoren kennen lernt, als auch das Programm des Privatfernsehens, und sei es auch noch so niveaulos, anschaut oder anschauen lässt. Denn wer weiß, was Eins-Live-Mitarbeiter sonst noch alles treiben. Sie sind schließlich jung, und das reicht als engere Zielgruppe für Real-Life-Sendungen.
Davon hatten sich doch auch schon die Macher der Popwelle SWR 3 verführen lassen, als sie vor rund einem Jahr auf ihrer Internet-Seite für die jungen User einen direkten Link zur „Big-Brother“-Homepage einbauten. Dabei hatte doch SWR-Intendant Peter Voß von Anfang an die Container-Show aufs Härteste als unmoralisch verurteilt. Voß war damals ARD-Vorsitzender – wie heute Fritz Pleitgen –und ebenso ahnungslos. Doch als Voß erfuhr, was seine Radioleute da verzapft hatten, wurde der SWR-3-Link zu „Big Brother“ sogleich deinstalliert. Steht die Frage im Raum, welchen seiner Jobs Kena Amoa nun deinstallieren muss. DIETER ANSCHLAG/FUNKORRESPONDENZ
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