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schnittplatzGolf d’Azur

Jede Zeitung hat die Sportbeilage, die sie verdient. Bei der Süddeutschen Zeitung ist es seit über einem Jahr golf spielen, ein Magazin sowohl für „arrivierte Golfer“ als auch die „Bedauernswerten, die das erhebende Gefühl, die kleine Plastikkugel aus 100 Meter Entfernung ‚tot an die Fahne‘ zu legen, noch nicht kennen“.

Ob diese Bedauernswerten sich nach Artikeln wie „Golf d’Azur“ (die besten Anlagen Südfrankreichs) oder den „Kampf der Geschlechter“ (Frau verlässt Mann, weil er golft) nun gerade ermutigt fühlen, sich diese hübschen zweifarbigen Schuhe zu besorgen und Knickerbocker anzuziehen ... man weiß es nicht.

Denn irgendwie scheint das grüne Heftchen doch alle Klischees, die man fleißig über die Jahre hinweg in Sachen Golf gesammelt hat (und eigentlich in letzter Zeit längst einstampfen wollte), zu bestätigen: Golf wird größtenteils von behäbigen, extrem gut situierten, älteren Herren gespielt, Herren, die ihre Ehefrauen „Gattinnen“ nennen, die beim Spiel brisante Geschäfte abschließen, danach „im Club“ 100 Jahre alte Single Malts schlürfen und ja gerne mal mit einer Frau über das Spiel reden würde. Aber Frauen verstehen es einfach nicht.

Und wenn, dann machen sie es total anders: „Männer kommen vom Mars, Frauen von der Venus“, zitiert ein Autor diesen furchtbaren Ami-Pseudopsycho-Bestseller als Einführung in seinen Artikel darüber, wie „ladylike“ eine Lady wie Uschi Glas den Schläger schwingt. Sie wird es sich aber immerhin leisten können: Zwar beschreibt ein Text die „günstigeren“ Plätze für Einsteiger, aber das ist natürlich in Golfer-Relationen zu sehen: Aufnahmegebühren zwischen 1.500 und 5.500 DM plus Jahresbeiträgen von 200 bis 300 DM riechen doch stark nach Menschen mit dem Trend zum Zweit- und Drittwagen.

Aber wir wollen nicht neidisch sein. Schließlich kann das Magazin nichts dafür, dass ausgerechnet ein „Helmut Freiherr von Fircks“ in einer Anzeige eineN ClubmanagerIn sucht. Golf ist und bleibt ein uriger Sport an frischer Luft, jede Auseinandersetzung damit begrüßenswert, wenn auch kritischer denkbar, und wenn man die Zielgruppen-Idee konsequent zu Ende spinnt, müsste man sich fragen, was denn in einer taz-Sportbeilage vorgestellt werden sollte. Mikado vielleicht. JENNI ZYLKA

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