piwik no script img

schnittplatzNeulich imRundfunkrat

Haben Sie sich schon immer einmal gefragt, warum den öffentlich-rechtlichen Sendern jeglicher Glamour fehlt? Dann empfehlen wir den Besuch einer Rundfunkratssitzung einer beliebigen ARD-Anstalt. Rundfunkräte sind die höchsten Aufsichtsgremien der Sender und mit herausragenden Figuren des öffentlichen Lebens besetzt.

Und das Beste ist: Die Sitzungen sind öffentlich und finden meist arbeitnehmerfreundlich am frühen Abend statt (Termine weiß der Sender Ihrer Wahl).

Nehmen wir zum Beispiel den Sender Freies Berlin (SFB). Vor dem Hintergrund der anstehenden Senderfusion mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) sollte man doch meinen, dass es im wichtigsten Gremium der Anstalt hoch hergeht; dass der Intendant flammende Reden hält, dass mit rauchenden Köpfen Konzepte gewälzt werden und Planungskommissionen die Anwesenden mit Anträgen überhäufen.

Weit gefehlt! Die Veranstaltung im 14. Stock des Fernsehzentrums ist in etwa so spannend wie das B1-Nachmittagsprogramm. Die einunddreißig Mitglieder des Rates räkeln sich sehr entspannt bei Kaffee und Kuchen in einem der höchsten und wohl schönsten Sitzungssäle der Hauptstadt, manch einer hat die schläfrigen Augen durch eine Sonnenbrille verdeckt. Einzig Intendant Horst Schättle treibt in seinem Bericht die Dramaturgie etwas nach vorn: Alles verlaufe bestens, die Fusion schreite voran und überhaupt, es gehe jetzt nicht mehr um das „Ob“ derselben, sondern nur noch um das „Wie“. „Gibt es dazu Wortmeldungen?“, fragt die Protokollführerin. Fehlanzeige, der Rapport des Intendanten wird einstimmig abgenickt.

So viel Einigkeit überrascht, waren doch Intendant und Rundfunkrat noch vor dem Regierungswechsel im Senat die schärfsten Gegner einer Senderehe. Und sollte ein gewisser Teppichhändler aus Spandau demnächst wider Erwarten die Senatswahl gewinnen, könnte das neu errichtete Pro-Fusions-Bollwerk schnell wieder wanken. Lassen Sie es sich also nicht entgehen, wenn es hoch über dem Berliner Fernsehzentrum mal wieder heißt: „Keine Wortmeldungen zum Thema!“ Allein der Ausblick von der Dachterrasse lohnt sich. DANIEL FERSCH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen