piwik no script img

Archiv-Artikel

schering-bilanz Der Standort Berlin glänzt

Der Rubel rollt, aber die Mitarbeiter werden nach Hause geschickt. So oder so ähnlich hören sich derzeit Reaktionen an, wenn globale Unternehmen – wie gestern der Weddinger Pharma-Konzern Schering – glänzende Zahlen vorlegen. Aber andersrum wird ein Schuh daraus: Weil weniger Beschäftigte immer mehr leisten müssen, steigen die Gewinne. So funktioniert der Kapitalismus, und er ist maßlos: Eine Profitrate von 20 Prozent strebt Schering an. Wahnsinn.

KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER

Solch ein riesiges Gewinnwachstum ist aber nicht nur durch Effizienzsteigerungen – sprich Rationalisierungen – zu erreichen, sondern auch durch geschicktes Ausweiten des Geschäfts. So hat sich Schering auf wenige Bereiche spezialisiert, in denen gut eingeführte Medikamente weitere Zuwächse erwirtschaften können, etwa das Verhütungsmittel Yasmin. Ebenso wichtig ist Forschung, um heute Trends der Zukunft zu antizipieren.

Letzteres etwa hat der koreanische Elektronikkonzern Samsung verpasst, zumindest am Standort Berlin. Nachdem die alte Bildröhre ausgedient hat, wurde das Schöneweider Werk kurzerhand dichtgemacht. Die neuen Plasma-Bildschirme werden anderswo produziert.

Im Vergleich dazu ist die Schering-Bilanz eine gute Nachricht für Berlin. Sie bedeutet: Firmen können hier hoch profitabel produzieren. Das ist positiv für den Finanzsenator, der auf Unternehmens- und Lohnsteuern der Mitarbeiter hoffen darf, und für kleinere Unternehmen, die mit den großen zusammenarbeiten.

Und auch das zeigt Schering: Wo richtig investiert wird, locken Gewinne. Wie viel davon letztlich den Beschäftigten zu Gute kommt, ist eine machtpolitische Frage – aktuell bei den Tarifauseinandersetzungen in der Metallindustrie zu beobachten.

bericht SEITE 24