rwe : Die Paten leben auf
Thomas Fischer ist Hobbyboxer und verklagt Journalisten, die die Farbe seiner Schuhe falsch beschreiben. Außerdem ist Fischer Vorstandschef der WestLB und er ist Aufsichtsratsvorsitzender beim Stromkonzern RWE. Jetzt hat der Vorstandschef Fischer dem Aufsichtsratschef Fischer einen Gefallen getan: Mit der Gründung einer scheinbar neutralen Investmentgesellschaft soll die ehemalige Landesbank dem wichtigsten Energiekonzern des Landes dabei helfen, auch gegen den Willen der Kartellwächter seine marktbeherrschende Position zu festigen. Ein Deal, wie ihn Fischers verstorbener Vorgänger, der legendäre Filzokrat und „rote Pate“ Friedel Neuber, nicht besser hätte einfädeln können.
KOMMENTAR VON KLAUS JANSEN
Was RWE, WestLB und NRW-Bank da ausgeheckt haben, ist nordrhein-westfälische Standortpolitik der ganz alten Schule: Man kennt sich, man hilft sich, Paragraphen interessieren nur am Rande. Kein Wunder, dass Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) – immerhin Verwaltungsrätin der beteiligten NRW-Bank – von der Aktion nichts gewusst haben will. Immerhin war die schwarz-gelbe Landesregierung angetreten, um den Muff des „alten NRW“ zu bekämpfen.
Es ist erfreulich, dass Thoben den genial-dreisten Plan der Konzernlenker nun offenbar noch vereiteln will. Allerdings macht dies die Ministerin mit dem in problematischer Weise interessenverquickten Zuständigkeitsbereich Wirtschaft und Energie noch lange nicht zur Heldin der nordrhein-westfälischen Stromverbraucher. Zu gut ist ihr bestenfalls halbherziges Vorgehen gegen die sich jährlich wiederholenden Strompreiserhöhungen von RWE und Co in Erinnerung. Sechs Prozent mehr wünschen die Konzerne in diesem Winter, heißt es bereits. Für Thoben ist das die Nagelprobe: Nur wenn sie die Erhöhung ablehnt und sich engagiert für eine Liberalisierung des Energiemarktes einsetzt, kann sie beweisen, dass sie den Willen und die Kraft hat, um den Granden des alten NRW die Stirn zu bieten.