rosenstraße : Ein Spielfilm ist ein Spielfilm
Es ist eine Berliner Geschichte, eine gute, fast vergessen, und manchmal hat man den Eindruck, als tue sich die Stadt schwer mit den Ereignissen in der Rosenstraße im Februar 1943: Die (nichtjüdischen) Frauen verhafteter jüdischer Männer versammelten sich damals vor einem Quasi-Lager und erreichten durch ihren Protest, dass ihre Lieben wieder freikamen. Ob Letzteres sowieso geplant war, ist umstritten. Tatsache bleibt der Mut der Frauen. Ihr Protest gilt als die einzige Anti-Nazi-Demonstration der braunen Zeit.
Kommentar von PHILIPP GESSLER
Margarethe von Trotta drehte nun einen Film darüber, und Mitbürgerin Katja Riemann gewann für ihre Rolle darin einen Goldenen Löwen. Alle sind glücklich – nur der hiesige Antisemitismuspapst Wolfgang Benz nicht: „Geschichtsklitterung“ und „Kitsch“ wirft er dem Film vor.
Der Vorwurf ist seltsam, denn von Trotta erhebt ja keineswegs den Anspruch, einen Dokumentarfilm gedreht zu haben. Eigentlich ist doch klar: Ein Spielfilm ist ein Spielfilm ist ein Spielfilm – warum hält der kluge und verdienstvolle Benz diese Ebenen nicht auseinander?
Der Historiker sollte sich lieber an die US-Fernsehserie „Holocaust“ erinnern, die die NS-Aufarbeitung Ende der 70er-Jahre erst massenhaft in die bundesdeutschen Familien getragen hat, wie mittlerweile die meisten Geschichtswissenschaftler neidlos anerkennen. Auch da war vieles falsch und alles fiktiv. Wenn von Trottas „Rosenstraße“ ebenso große Wirkung haben sollte wie damals „Holocaust“ und die Ruhmestat der Frauen auch der breiten Masse in die Erinnerung ruft: Wer fragt da noch nach Kitsch?