recht auf faulheit: Muße fördert die Kreativität
Der Philosoph Bertrand Russell war nicht nur ziemlich cool, er war auch ungemein vorausschauend. Schon 1932 schrieb er: „Ich glaube, dass auf der Welt viel zu viel gearbeitet wird und dass unermesslicher Schaden hervorgerufen wird durch die Überzeugung, Arbeit sei etwas Heiliges und Tugendhaftes.“ Mit den modernen Produktionsmethoden, so argumentierte er, sei die Möglichkeit gegeben, dass alle Menschen „behaglich und sicher“ leben können: „Wir haben es stattdessen vorgezogen, dass sich manche überanstrengen und die andern verhungern.“
Kommentarvon PHILIPP GESSLER
Auf solche alte Gedanken sollte man hinweisen, wenn man hört, dass Berliner Richter Arbeitslose zwingen wollen, Stellen anzunehmen, die sie als so unpassend für sich begreifen, dass sie lieber weiter erwerbslos bleiben wollen. Denn natürlich haben die Erwerbslosen im Prinzip Recht: Warum zwingt man sie, Arbeit anzunehmen, die sie nur lustlos ausführen würden? Weil Arbeit etwas „Heiliges“ ist? Nein, der Staat sollte im Regelfall niemanden zwingen, Arbeit anzunehmen, die er nicht will.
Denn tatsächlich kann Arbeit etwas „Heiliges“ im ursprünglichen Sinn des Wortes sein – eine Beschäftigung nämlich, die heilt von Orientierungslosigkeit und fehlendem Selbstbewusstsein. Arbeit kann einen tragen. Allerdings muss sie Freude machen und grundsätzlich freiwillig sein: Wer sich stets zum Job prügeln muss, leistet keine gute Arbeit und fühlt sich nicht gut. Und er nimmt auch noch anderen die Arbeit weg, die es besser machen könnten.
Die Forderung muss deshalb sein: Erlaubt den Menschen in einer Gesellschaft, der die Arbeit ausgeht, Freiheit zur Muße. Denn das hat auch schon Russel gewusst: Nur wer nicht oder so wenig arbeitet, dass er nicht völlig erschöpft in die Freizeit taumelt, hat die Muße, kreativ zu sein. Ziel sollte ein Staat sein, der weniger Schufterei ermöglicht. Erst dann kann unsere Gesellschaft wirklich Neues hervorbringen.
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