piwik no script img

"Verkahrstet" -betr.: "Weg vom Verliererimage", Gastkommentar von Helga Trüpel; taz vom 15./16.6.1996

Betr.: „Weg vom Verlierer-Image“, Gastkommentar von Helga Trüpel; taz vom 15./16.6.96

Liebe taz,

es ist aber auch allerhöchste Zeit, daß die ehemalige Kultursenatorin ihre vornehme Zurückhaltung gegenüber ihrer Nachfolgerin aufgibt, bevor Bremens Kulturlandschaft total ,verkahrstet' ist. Schließlich sind die Grünen in der Opposition und man kann und muß von ihnen vehemente Opposition erwarten, zumal das Gegengewicht zur Regierung in der Bürgerschaft gering genug ist. Regierungsverantwortung ist ihre Sache zur Zeit nicht!

Was in Trüpels richtiger Warnung (Hilmar Hoffman schlug fast zeitgleich in einem Interview in Radio Bremens „Journal am Morgen“ in dieselbe Kerbe) allerdings fehlt, ist die begonnene Zerschlagung der soziokulturellen Landschaft: Kulturläden werden geschlossen, Zuschüsse für Einrichtungen gnadenlos zusammengestrichen, Stellen-Finanzierungen nicht verlängert, Kulturreferenten in Schulen geschickt, u.a.m. Dabei gehörte die längerfristige Absicherung der soziokulturellen Vielfalt Bremens zu den herausragenden Leistungen grüner Kulturpolitik. Frau Trüpel hat das eher sozialdemokratische Erbe hier gut verwaltet und sollte das den Genossinnen und Genossen von Frau Kahrs unter die Nase reiben.

Politisch müssen die Grünen wieder die Kultur-Hoheit übernehmen, und zwar mit klarem Profil. In den taz-Leserbriefen von Karin Krusche und Helmut Zachau gibt es z.B. in der Frage der KulturreferentInnen nur Widersprüche. Kultur hat gar keine Stellen und konnte sie wegen des Einstellungsstops auch nicht kriegen. Die abgeordneten LehrerInnen sind von daher festes Personal für die Kulturabteilung. Auch das hatte Helga Trüpels Ressort hinbekommen. Insofern kann man den Grünen nur wünschen, daß sie wieder eine richtige Oppositionspartei werden, was bei drittklassigen Senatoren in der Großen Koalition eigentlich nicht so schwer sein dürfte.

Manfred Fersemann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen