piwik no script img

"Liebe taz..." Widerspricht der Produktreinheit - betr.: "Dörner-raus-Gesang", taz vom 26.5.1997

Betrifft: „Dörner-raus-Gesang“, taz vom 26.5.1997

Ihre Publikation gilt als wichtige Ergänzung des Medienangebots im Großraum Bremen. Diese vornehme Eigenschaft allein wäre Grund genug, den Abonnementpreis klaglos und großmütig zu entrichten. Aktuelle Entwicklungen Ihres redaktionellen Erscheinungsbildes geben mir allerdings Anlaß, beide Feststellungen erheblich in Zweifel zu ziehen. Als Autoren von Beiträgen des Bremer Lokalteils zeichnen immer häufiger nahmhafte Radio-Bremen-Mitarbeiter. Gleichzeitig höre ich in den Programmen von Radio-Bremen-Mitarbeitern auch Autorennamen von taz-Mitarbeitern. Eine Promiskuität, die vielleicht völlig ehrenwert ist, die aber dem Ideal der Produktreinheit widerspricht. Abgesehen davon, daß es sich dabei um eine in der Branche zwar leider übliche, trotzdem aber degoutante Kumpanei handelt, begibt sich Ihre Redaktion in Abhängigkeit und Befangenheit gegenüber einer Institution, gegenüber der sie eine Kontrollfunktion wahrnehmen muß. Für den Abonnenten ist es nicht nachvollziehbar, warum mittelmäßige Radio-Bremen-Moderatoren – fest angestellt oder in ähnlich gesunden Verhältnissen – nun auch noch mittelmäßige Texte in der taz veröffentlichen. Wenn Ihre Redaktion nicht mehr in der Lage ist, Kochrezepte oder die Fußballberichte mit Hilfe eigener intellektueller Ressourcen zu erstellen, sollte sie ihre Identität gründlich überprüfen. Niemals würde Buten & Binnen Herrn Holtgrefe vom Weserkurier Restaurant-Tips verfassen lassen. Wenn immer mehr Schleimspuren zu einer Redaktion hin und nicht wieder hinaus führen, dann läßt sich leicht erahnen, was an den Schreibtischen los ist.

Lutz G. Wetzel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen