■ Die Anderen: "Le Journal du Dimanche" (Paris) zur Arabisierungspolitik in Algerien / "La Repubblica" (Rom) über die verkehrspolitischen Vorschläge der Grünen / "Rzeczpospolita" (Warschau) kommentiert die Reaktion des polnischen Parlaments
„Le Journal du Dimanche“ (Paris) schreibt zur Arabisierungspolitik in Algerien: Trotz des in der gesamten Kabylei (dem Gebiet der Berber-Minderheit) geäußerten Widerstands ist an diesem Sonntag ein Gesetz in Kraft getreten, das den Gebrauch der arabischen Sprache allgemein vorschreibt. Es war am 26. Dezember 1991 im Parlament beschlossen worden, das damals noch von der Einheitspartei beherrscht wurde, doch seine Umsetzung ist durch die politischen Gewalttaten verzögert worden, die das Land seit dem Januar 1992 erschüttern. Seitdem wollen die Machthaber ausschließlich das Arabische als Sprache in Medien, öffentlichen Veranstaltungen, offiziellen Dokumenten und der Werbung durchsetzen. Die Programme des staatlichen Fernsehens werden fortan (ins Arabische) übersetzt. Selbst Computer brauchen arabische Tastaturen, ohne die dürfen sie nicht ins Land eingeführt werden. Nach einer kürzlich erfolgten Umfrage allerdings, die von der Regierung in Auftrag gegeben worden ist, wollen 71 Prozent der Algerier der französischen Sprache verbunden bleiben. Die Spannung in Algerien nimmt zu.
„La Repubblica“ (Rom) kommentiert die verkehrspolitischen Vorschläge der Grünen: Von den Grünen kommt eine neue Herausforderung auf den pragmatischen Modernisierer Gerhard Schröder zu und dies drei Monate vor den Wahlen, bei der die Linke Bundeskanzler Helmut Kohl vom Thron stoßen will. Die Umweltschutzpartei hat drakonische Beschränkungen der Geschwindigkeit im Autoverkehr vorgeschlagen. Nach den Forderungen einer Benzinpreiserhöhung bis fünf Mark und einem sofortigen Ausstieg aus der Nuklearenergie ist dies wie ein neuer Torpedo gegen Schröder. Tempo-100 würde für das reichste und größte Automobilvolk in Europa einer kulturellen Konterrevolution gleichkommen.
Rzeczpospolita“ (Warschau) kommentiert die Reaktion des polnischen Parlaments auf die Entschließung des Bundestags zu den Vertriebenen: Der Rechtsstand der polnischen Westgrenze ist klar und erweckt keinen Zweifel. Das wurde bestätigt durch geltende völkerrechtliche Verträge, anerkannt durch die Regierung der BRD, die die Grenzverträge mit Polen unterzeichnet hat, und schließlich vom Bundestag gebilligt. Es gibt keine Unklarheiten. Wir haben Verständnis dafür, daß jetzt in der BRD ein scharfer Wahlkampf ausgetragen wird, dessen Folge auch die Bundestagsentschließung vom 29. Mai ist. Alle müssen aber begreifen, daß Warschau in dieser für Polen so wichtigen Frage klar und deutlich sprechen wird. Auf dem Gebiet der Republik Polen gilt polnisches Recht, und dieses Recht entscheidet über alle wichtigen Fragen, auch über die Eigentumsverhältnisse. Von dieser Regel gibt es keine Ausnahmen.
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