■ Die Anderen: "La Tribune" und "Liberation" zu Mercedes Benz / Süddeutsche Zeitung zur Bosnien-Politik
Mit Smart befaßt sich die Wirtschaftszeitung „La Tribune“ aus Paris: Mercedes-Benz hätte gut auf die Panne verzichten können. Das Schicksal scheint es nicht gut zu meinen mit diesem Unternehmen, das jahrzehntelang Symbol für seriöse Qualität und sogar für eine gewisse Perfektion war. Sicher, die prestigereiche Autofirma entging auch in der Vergangenheit nicht Problemen beim Start neuer Modelle. Aber diese Schwierigkeiten haben nie ihr Image solider Fabrikation getrübt. Mercedes-Benz-Chef Helmut Werner wollte sich aber nicht mit dem Erreichten zufriedengeben. Er wollte beweisen, daß die eher konservative Marke auch Neuerungen einzuführen und Nischen zu nutzen weiß, damit sie um jeden Preis weiter wächst und sich nicht bloß auf den engen Markt der Spitzenklasse beschränkt. Der Haken ist nur, daß diese Strategie nun im Endeffekt einigen Schaden verursacht.
Die Pariser „Libération“ fragt, wer den entstandenen Schaden bezahlen soll: Noch bevor die endgültige Rechnung bekannt ist, spricht Mercedes von 300 Millionen D-Mark Verlust. Wer wird das bezahlen? Die Antwort ist nicht einfach, denn für den Start seines kleinen Smart hat die Daimler-Benz-Gruppe, das Mutterhaus von Mercedes, ein ausgeklügeltes System zur Verteilung des Risikos aufgebaut. Die Aktionäre werden also ihre Hausaufgaben machen müssen, das heißt rekapitalisieren. Wer sind sie? Mercedes, SMH natürlich, aber auch zu einem Viertel Sofirem, eine Tochter des mit der Reindustrialisierung des Geländes beauftragte Tochter von Frankreichs Kohlebergbau. Der Staat also. Das Innenministerium als Aufsichtsbehörde könnte folglich zur Beteiligung an der Kapitalaufstockung einer Mercedes-Tochter gezwungen sein! Es könnte sich sogar in der Situation wiederfinden, seinen Anteil am Kapital aufzustocken.
Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt zur Bosnien-Politik: Die internationale Gemeinschaft muß die Macht akzeptieren, die sie hat, und auch punktuell ausüben. Sie darf nicht vor der eigenen Courage zurückschrecken, wenn dieser Weg hinführt zu einem Protektorat – oder wie auch immer man das aus historischen Rücksichten nennen will. Eine schlichte Tatsache legitimiert zu dieser Machtausübung und erhöht gleichzeitig deren Erfolgschancen: Die „Besatzer“ haben kein eigenes, egoistisches Interesse an Bosnien. Sie verfolgen die Interessen der Bevölkerung, die mehrheitlich – demoralisiert und kriegsmüde – bereit zu sein scheint für einen Neubeginn. Historische Vorbilder wie die Kolonialprotektorate oder Völkerbundmandate taugen deshalb nicht zum Vergleich; die Mandate nach dem Ersten Weltkrieg waren in Wahrheit imperiale Strategien im Mäntelchen der Weltgemeinschaft.
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