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"Blüm genießt Narrenfreiheit"

■ Wieder Streit zwischen der CDU und der deutschen Industrie: BDI-Chef Henkel greift den Arbeitsminister an und wirft dem "Bonner Hof" ein "gefährliches Spiel" vor. Blüm wehrt sich

Frankfurt/Main (AP/taz) – Der Streit zwischen der deutschen Industrie und Unionspolitikern über die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit nimmt an Schärfe zu. Nach Arbeitsminister Norbert Blüm warf auch die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) Teilen der Wirtschaft vor, systematisch einen möglichen, kräftigen Beschäftigungsaufbau zu verweigern. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, konterte am Wochenende die Vorwürfe mit scharfen Angriffen gegen Blüm: „Solche Leute gab es auch früher schon an Königshöfen. Am Bonner Hof aber genießt dieser Mann inzwischen totale Narrenfreiheit.“

Der stellvertretende CDA-Vorsitzende Hermann-Josef Arentz sagte, hinter der Verweigerungshaltung einiger Wirtschaftsfunktionäre stehe die Strategie, die soziale Marktwirtschaft durch eine „nackte Marktwirtschaft, ergänzt durch Armenfürsorge“, zu ersetzen.

Blüm erneuerte ebenfalls seinen Appell an die Unternehmen, umgehend neue Arbeitsplätze zu schaffen. „Es gibt keinen Grund, nachdem sich der Aufschwung festigt, lamentierend in Handlungslosigkeit zu verharren“, sagte der CDU-Politiker. Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft seien so gut wie lange nicht mehr. Blüm wies zugleich den Vorwurf mangelnder Reformfähigkeit zurück. Allein der von ihm betriebene „Umbau des Sozialstaats“ zeige, wie absurd es sei, von Reformunwilligkeit zu sprechen, erklärte der Minister.

Dagegen erklärte Henkel, statt die Unternehmer zu kritisieren, solle sich der Arbeitsminister lieber um seinen Job kümmern, nämlich die Reformen für mehr Arbeitsplätze voranzutreiben. Der BDI-Präsident warnte in einem Interview mit der Zeitschrift Focus, anscheinend meinten einige in der Bundesregierung, sie hätten die Unterstützung der Wirtschaft gepachtet und könnten sich jetzt medienwirksam an der Unternehmerschelte beteiligen. Dies sei aber ein gefährliches Spiel.

Der BDI-Präsident forderte Regierung und Gewerkschaften auf, gemeinsam mit den Unternehmen die Wirtschaft zu entlasten. Denn nur gesunde Betriebe könnten Arbeitsplätze schaffen.

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