protestanten : Schuldigern vergeben
In der evangelischen Kirche ist die Diskussion über den demographischen Faktor und die alternde Bevölkerung längst ein alter Hut. Irgendwann war es auf der Kanzel eben nicht mehr zu übersehen, dass die Kirchgänger älter und rarer wurden. Doch nicht nur das Publikum geht den Gemeinden aus, der Kirche fehlen auch Einnahmen: Wenn immer weniger Gemeindemitglieder Arbeit haben, beziehungsweise arbeiten gehen, zahlen immer weniger ihre Kirchensteuer. Und in klammen Zeiten wird sowieso schnell bei der Kirchenmitgliedschaft gespart. In dieser schwelenden Krisenlage ist Kirche für Staat und Gesellschaft wie eine Art Kristallkugel – und die verheißt leider wenig Gutes.
ANALYSE VON CHRISTOPH SCHURIAN
Denn in der westfälischen Landeskirche werden jetzt fiese Verteilungskämpfe geführt. Angestellte klagen die Kirchenführung an, zu viele Pfarrer zu beschäftigen und zu wenig Kindergärtner. 600 Pfarrer – bekanntlich beamtenrechtlich abgesichert – seien überflüssig. Überhaupt würde ein Drittel des Haushaltes für Pastoren aufgewendet, dabei stellten die kaum vier Prozent der Beschäftigten. Nachvollziehbare Zahlen – die freilich zu nichts führen.
Denn wie bei Bund, Kommunen oder Ländern sind Gehälter und Pensionen auch für Protestanten der notorische Bremsklotz. Und auch die kritischen unter ihnen wissen, dass Pfarrer im Durchschnitt 50 Jahre versorgt werden. Es braucht also Geduld, um kirchliche Stellenpläne an finanzielle und religiöse Notwendigkeiten anzupassen.
Und deshalb ist die platte Diskussion um die Zahl der Pfarrstellen ein Rückschritt. Die Protestler nennen sich ja „Kirche mit Zukunft“. Besser als Schuldzuweisungen und Sankt-Florians-Prinzip wären deshalb moderne Konzepte jenseits der Sparlogik. Dann wäre die Kirche auch beim Krisen bewältigen einmal der Zeit voraus.