pro anklage: Nötiger Prozess
Man war entsetzt, als zwei Jüdinnen, wie Mitte April geschehen, in der U-Bahn geschlagen wurden, weil eine von ihnen eine Davidstern-Kette trug. Viele sahen es zu Recht als Schande an, dass kurz danach mal wieder ein Anschlag auf die Synagoge am Fraenkelufer verübt wurde. Soll man empört sein, wenn der Mann angeklagt wird, der mit Hilfe seiner makaber ausstaffierten kleinen Tochter öffentlich zu noch viel schlimmeren Straftaten aufruft?
Bei allem Respekt vor dem Grundrecht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit: Frei und öffentlich seine Meinung kundtun zu können, kann nicht bedeuten, ungestraft mörderische Verbrechen wie Selbstmordattentate propagieren zu dürfen – übler noch: das eigene, unmündige Kind für die Mordpropaganda zu missbrauchen.
Sicher: Die Palästinenser in Nahost leiden. Ihre Verbitterung ist verständlich, die Solidarität ihrer Landsleute hier ehrenwert. Dieser Beistand aber muss sich, auch verbal, an die Gesetze des Landes halten, in das sie einwanderten – anders ist eine multikulturelle Gesellschaft bloß eine gut gemeinte Illusion. Vor allem hat sich Protest auch am Gebot universeller Menschlichkeit zu orientieren. Diese Orientierung aber ließ der Demonstrant mit seiner präparierten Tochter vermissen. Auch Zeichen und Worte haben Folgen.
PHILIPP GESSLER
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