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Archiv-Artikel

portrait Ein dynamischer Familienschreck

Gestatten, Middelhoff. Charismatischer Handelsfachmann mit Kenntnissen des heimischen Markts. So hatte Middelhoff die Person beschrieben, die den KarstadtQuelle-Konzern als Vorstandschef retten soll. Nun übernimmt der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende selbst das Ruder.

Der ehemalige Bertelsmann-Chef ist also zurück. Von der bunten Welt der Medien in die des Einzelhandels. Dumm nur, dass der 52-Jährige nicht als beste Wahl für den Kaufhaus- und Versandkonzern gilt. Doch das dürfte Middelhoff nicht stören, ihn feuert Kritik an. Und der Job beim Finanzinvestors Investcor, wo er das Europageschäft verantwortete, war für ihn wohl zu langweilig.

Dass er bei KarstadtQuelle etwas mehr sein wollte als ein durchschnittlicher Aufsichtsratsvorsitzender, hatte er seit seiner Bestellung zum Aufsichtsratschef durch die Eignerfamilie Schickedanz im Sommer 2004 quasi jeden Tag klar gemacht. Schon ist vom Dolchstoß die Rede, den Middelhoff dem Anfang April zurückgetretenen Vorstandschef Achenbach verpasst habe.

Dass er allerdings wirklich selbst ran wollte, darf bezweifelt werden. Realistischer klingt da schon die Variante, Daniel Bernard, Chef der französischen Handelskette Carrefour, habe Middelhoff in letzter Minute einen Korb gegeben. Und eine Entscheidung für einen der drei anderen Kandidaten, von denen Middelhoff immer vollmundig gesprochen hatte, hätte zu weiteren Verzögerungen geführt. „Und das konnten wir uns in dieser Lage nicht leisten“, begründete er seinen Wechsel vom Ober-Controler zum Vorstandschef. Die Großaktionärin Madeleine Schickedanz dürfte Middelhoff schlicht in die Pflicht genommen haben.

Mit Abhängigkeiten von Eignerfamilien kennt der sich aus wie kein Zweiter deutscher Spitzenmanager. Er genießt das besondere Vertrauen von Madeleine Schickedanz. Das war bei Bertelsmann am Anfang ebenso. Doch dann überwarf sich Middelhoff mit Bertelsmann-Patriarch Reinhard Mohn und Gattin Liz. Der visionäre Jungdynamiker war für die Mohns ein paar Nummern zu schnell und vor allem zu kühn. Middelhoff musste gehen. Kühne Schritte wird der neue Karstadt-Chef nun aber auf jeden Fall brauchen. Schnell. Aber bitte nicht wieder die Familie verschrecken!

STEFFEN GRIMBERG

wirtschaft und umwelt SEITE 7