portrait: Quereinsteiger mit Prinzipien
Nein, er werde nicht zurücktreten, erklärte der Minister vergangene Woche und dementierte aufs Schärfste diesbezügliche Gerüchte. Ioannis Mouzalas gehört der Regierung von Linkspremier Alexis Tsipras seit dem vergangenen August an. Damals folgte er der zurückgetretenen Migrationsministerin Sia Christodoulopoulou im Amt. Die Universitätsdozentin war eher durch markige Sprüche denn durch große Taten aufgefallen.
Mouzalas, einer der bekanntesten Gynäkologen in Athen, ist kein Ideologe, aber gewiss auch kein Zyniker: Vom ersten Moment an machte der Quereinsteiger die Genfer Flüchtlingskonvention zur Richtschnur seines Handelns. Schließlich gehört er zu den Mitbegründern der griechischen Abteilung der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. In dieser Funktion hat er an 30 Hilfsmissionen in Asien, Afrika und im Nahen Osten teilgenommen – nicht zuletzt in Syrien.
2014 war der gebürtige Athener mit Freiwilligen aus Griechenland und der Türkei in der kurdischen Stadt Kobani im Einsatz, kurz bevor sie in die Hände der radikalislamischen Miliz fiel.
Ein Mann, der so viel erlebt hat, empfindet Ärger, wenn vermeintliche Besserwisser sich zu Wort melden. Bei einer Veranstaltung der regierenden Linkspartei Syriza in Thessaloniki kam es kürzlich zum Eklat, als ein Hitzkopf dazwischenrief, Mouzalas habe nie in seinem Leben richtig gearbeitet. „Seit 27 Jahren beschäftige ich mich mit der Flüchtlingsfrage, da habe ich auch noch ein lahmes Bein davongetragen, du Schwachkopf“, erwiderte der Minister, sichtlich wütend, und griff daraufhin auf offener Bühne zur Zigarette – was ihm jeder im Raum nachsah.
Derzeit teilt Mouzalas eher in Richtung Ausland aus: Der österreichischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner warf er „einseitiges Handeln“ vor, nachdem Wien eine Obergrenze für Flüchtlinge eingeführt hatte. Die Schließung der Grenzen bezeichnet er als „putschartiges Verhalten“. Mit dieser Meinung steht er nicht allein. Selbst gemäßigte Mitte-rechts-Kommentatoren in Hellas werfen Wien eine Wiederauferstehung der reaktionären „Heiligen Allianz“ vor. Jannis Papadimitriou
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