portrait : Vom Hoffnungsträger zum Buhmann
Der Mann auf nebenstehendem Foto könnte Ihnen ein Telefon verkauft haben. An fünf Tagen im Jahr steht der 1,90 Meter große Kai-Uwe Ricke in einem T-Punkt-Laden hinterm Tresen. Damit der Bezug zur Realität nicht verloren geht, hat Ricke dies sich selbst und seinen Vorstandskollegen verordnet. Hauptamtlich ist er nämlich Chef der Deutschen Telekom.
Mehr Bodenhaftung war bitter nötig, als er vor drei Jahren den Vorstandsvorsitz der Telekom übernahm. Damals waren alle erleichtert. Die Bundesregierung, weil nach langer Hängepartie endlich ein neuer Chef gefunden wurde. Die Finanzmärkte, weil nach dem charismatischen – aber vielen als Luftikus geltenden – Ron Sommer ein Mann an die Spitze kam, dem man zwar weniger Visionen, doch dafür solides Management zutraute.
Und das brauchte die Telekom damals. Sommer hatte aus dem alten Staatsunternehmen zwar einen internationalen Konzern mit modernem Antlitz gemacht. Der Preis dafür war aber eine Verschuldung von 60 Milliarden Euro. Weil sie vom damaligen Mobilfunkchef des Konzerns eine weniger brutale Sanierung erwarteten als von einem auswärtigen Manager, setzten sich auch die Gewerkschaften für seine Berufung zum Telekom-Chef ein.
Skeptiker, die Ricke mit 41 Jahren für zu jung hielten und ihm auch seine Nähe zu Ron Sommer vorhielten, widerlegte er mit Geschäftserfolg. Immerhin hat er den Schuldenstand um ein Drittel reduziert. Und dabei verzichtete er auf totale Kahlschläge – und reduzierte sogar sein Gehalt.
Doch spätestens im November war Schluss, Ricke verlor seine Sympathien bei den Arbeitnehmervertretern. Er kündigte an, dass die Telekom 32.000 Stellen abbauen will, und begründete dies mit dem wachsenden Wettbewerb und notwendigen Investitionen. Die Finanzmärkte jubelten, denn sie hatten schon begonnen, die Führungsstärke Rickes in Frage zu stellen. Die Sanierung hatte geklappt, jetzt war es wieder Zeit für langfristige Strategien.
Doch was den einen gefiel, sorgte für Empörung bei den anderen. Dass Ricke das Unternehmen zurück in die Gewinnzone gebracht hat, wurde plötzlich zum Kommunikationsproblem. Jetzt droht dem einstigen Hoffnungsträger nicht nur Stress mit den Gewerkschaften, sondern auch gesellschaftliche Ächtung – das Beispiel von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann lässt grüßen. Auch der hatte trotz Rekordgewinn weiteren Stellenabbau angekündigt. Bei einer Umfrage unter 1.000 deutschen Führungskräften fand sich Ricke dieses Jahr auf dem vorletzten Platz wieder. Nur Bahnchef Hartmut Mehdorn bekam schlechtere Noten. STEPHAN KOSCH