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Archiv-Artikel

portrait Ein Angriffslustiger sucht die Schlichtung

Dreiteiler, Fliege, Bürstenhaarschnitt: Ein Kumpeltyp ist Ralf Stegner nicht – weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick. Als humorlos, gar als harsch gilt der SPD-Politiker, der zurzeit Innenminister in Schleswig-Holstein und im Tarifkonflikt stellvertretender Verhandlungsführer der Länder ist. Harsch stimmt manchmal, humorlos sicher nicht. Stegner, 46, Vater von drei Kindern, Studienjahre in Oregon und Harvard, ist blitzgescheit und zeigt das gern. Vor Attacken gegen politische Freunde wie Feinde scheut er selten zurück: „Ich gelte nicht als jemand, der durch übertriebene Vorsicht auffällt“, sagt er.

So war es auch in den vergangenen Tagen: Ralf Stegner hatte den Verhandlungsführer der Länderseite, Hartmut Möllring (CDU) kritisiert: Er, Stegner, sei „kein Verhandlungsweichei und kein Gewerkschaftsfreund. Aber man kann nur zu einem Kompromiss kommen, wenn beide Seiten sich bewegen.“ Er schlug vor, den Streit durch eine Schlichtungsstelle zu lösen.

„Illoyal“, knurrte Möllring zurück – eine Beschreibung, die Stegner zurückweist: „Ich bin nicht illoyal. Ich habe meine Kritik intern geäußert und dann öffentlich gemacht“, sagte er gestern der taz. Und obwohl sein Vater eine Gaststätte betrieben habe, habe er „wenig Neigung zu Wirtschaftsschlägereien“ noch zur „groben öffentlichen Polemik“.

Vielleicht ist der Holzhammer wirklich nicht Stegners liebste Waffe. Doch hat er die Wahl zwischen Florett und Degen, nimmt er gern die größere Schneide. So machte er sich auch Feinde in der SPD.

Sozialdemokrat ist Stegner seit 1982. Nach ersten Ämtern auf Kreisebene stieg er schnell in die Landespolitik auf, war Pressesprecher, Staatssekretär in verschiedenen Ministerien und seit 2003 Finanzminister unter Heide Simonis. Er wurde als Kronprinz gehandelt: Er hätte wohl Chancen gehabt, Simonis im Lauf der Legislaturperiode zu beerben, wenn Rot-Grün vergangenes Jahr gesiegt hätte. Darum ist es unwahrscheinlich, dass er der „Heide-Mörder“ war, derjenige, der Simonis durch seine Stimmenthaltung stürzte. Dass aber dieses Gerücht auftauchte, zeigt Stegners Position zwischen allen Stühlen.

In der heutigen CDU-SPD-Regierung zieht er pragmatisch seine Aufgaben durch – obwohl er erklärtermaßen große Koalitionen nicht liebt. Sein Ziel ist vielmehr, die SPD fit zu machen für die nächste Schleswig-Holstein-Wahl. Und eben darum gehe es im Tarifkonflikt, unterstellt der Niedersachse Möllring: Stegner wolle sich profilieren, um SPD-Landeschef zu werden. „Diese Fragen stehen nicht an“, sagt Stegner kurz. Und haut nochmal zu: „Der Blick aus Niedersachsen ist getrübt.“ ESTHER GEISSLINGER