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Archiv-Artikel

portrait Der neue König von Israel

Zyniker werden sagen, dass Arkadi Gaydamak genau der Mann ist, den Israel braucht. Mit einem Präsidenten, dem ein Prozess droht und einem von Korruptionsvorwürfen gepeinigten Premierminister passt der ehemalige Waffenhändler und gesuchte mutmaßliche Steuerhinterzieher perfekt in Israels aktuelle Politik. Diese Woche stellte Gaydamak seine Bewegung Soziale Gerechtigkeit vor, die laut eigens in Auftrag gegebener Umfragen schon 25 Mandate gewinnen könnte. Damit läge sie deutlich vor der Arbeitspartei.

„Gaydamak ist ein König“, singt ein Mädchen aus dem von Kassam-Angriffen bedrohten Sderot, nachdem der mindestens 800 Millionen Euro schwere Geschäftsmann Bewohnern der Stadt eine Erholungspause am Roten Meer finanzierte. Er ist Kandidat für den „Israel Preis“ und für den Titel „Mann des Jahres“. „Den Normalbürger“, erklärt Jossi Sarid, ehemals Chef der linken Meretz und Erziehungsminister, das Phänomen des populären Gaydamak, „interessiert nicht, wo das Geld herkommt, sondern wo es hinfließt.“

Und Gaydamak lässt sich nicht lumpen. Kaum vier Jahre wieder in Israel, besitzt er eine Radiostation, einen Basketballverein und die Kicker von Beitar Jerusalem, einen Verein, dessen Fans für ihre antiarabische Haltung berüchtigt sind. Wie zum Ausgleich schickte er wenig später einen Scheck an den arabisch-israelischen Verein Bnei Sachnin.

Der heute 59-jährige Israeli war nicht immer reich. In Moskau geboren, kam er als einer der ersten russischen Immigranten nach Israel, wo es ihn nicht allzu lange hielt. Schon nach wenigen Monaten zog der desillusionierte Gaydamak Anfang der 70er Jahre weiter nach Frankreich. Dass er heute wieder in Israel lebt, liegt an den französischen Behörden, die bislang vergeblich die Auslieferung Gaydamaks fordern. Bestechung und Steuerhinterziehung werden ihm dort vorgeworfen. Sicher ist, dass er das große Geld mit schmutzigen Geschäften machte, darunter Waffenverkäufe nach Angola und Diamantenhandel. Obschon er die Macht liebt, will er nicht selbst ins Parlament ziehen. Wichtig ist ihm, Einfluss darauf zu nehmen, wer regiert. „Wenn ich denen sage: Wählt Bibi (Likud-Chef Benjamin Netanjahu), dann machen sie das.“

Dass ausgerechnet der für seine harten Sozialkürzungen berüchtigte ehemalige Finanzminister Gaydamaks politische Begierden befriedigt, überrascht. Denn die Soziale Gerechtigkeit will sich besonders um die arabischen und die ultraorthodoxen Israelis kümmern – die beiden Gesellschaftsgruppen, die am meisten unter Netanjahus Rotstift zu leiden hatten.

SUSANNE KNAUL