ost-west-zahlenkrieg: Ossis im Aufwind
Pünktlich zum zehnten Jahrestag der Wiedervereinigung hat Ostberlin nicht die Nase voll, sondern ausnahmsweise vorn. Das ist zumindest dem neuen Zahlenwerk zu entnehmen, das gestern vom Statistischen Landesamt vorgestellt wurde zum „Prozess des Zusammenwachsens beider Teile der Stadt seit dem Vereinigungsprozess“.
Kommentar von BARBARA BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA
Waren früher in Ostberlin die Wohnungen zu klein für die riesigen DDR-Robotron-Computer, haben sich die dortigen Bewohner in den vergangenen Jahren so viele moderne PCs, Laptops und Notebooks angeschafft, dass der Westteil der Stadt alt aussieht. Ätsch, ruft der Ossi und streichelt zärtlich die Tastatur.
Doch seine Freude wird jäh getrübt. Denn liest er die Dokumentation weiter, erfährt er, dass auch zehn Jahre nach der Wiedervereinigung im Osten nicht alles Gold ist, was glänzt. Die Ostler haben in ihren Hütten zwar nun mehr Computer stehen als die Westler, doch das heißt noch lange nicht, dass sie weltweit surfen. Denn in Sachen Internetzugang führt wiederum der Westteil der Stadt. Ätschebätsche, jubelt der Wessi und weiß, was er dieses Jahr ins Ostpaket zu packen hat.
Trost über diese Schmach finden die Ostberliner bei den Vierbeinern. Nachdem sich dort zwischen 1992 und 1999 doppelt so viele Menschen wie zuvor einen Hund zugelegt haben, laufen in den Ostbezirken nun mit 50.000 Kötern genauso viele Viecher rum wie im Westen.
Hier endet nur aber leider die Statistik. Wahrscheinlich wird erst das nächste Zahlenwerk – wenn die Feierlichkeiten zum 3. Oktober vorbei sind – ans Licht bringen, dass die Ostler zwar nun genauso auf den Hund gekommen sind wie die Westler, aber dafür kein Geld für Hundeleinen haben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen