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orte des wissensForschen wie’s der Kunde will

Wissenschaftler*innen des Instituts für angewandte Materialforschung und Fahrzeugmechaniker*innen suchen in Bremen nach Wegen, wie sich Verbrenner-Motoren auf Wasserstoff umstellen lassen

Dieselmotoren, wie sie in Zügen zu finden sind, werden bis zu 50 Jahre alt. In dieser Zeit kommen sie in gewissen Zyklen immer wieder zur Instandhaltung in die Werkstatt: nach Bremen, in das Werk der Fahrzeuginstandhaltung der Deutschen Bahn (DB). „Das Werk ist einmalig innerhalb unseres Werkeverbundes“, sagt der Bremer Werkleiter Sebastian Herzog. Hier bündelt die DB die Instandhaltung von Motoren und sogenannten Powerpacks.

Powerpacks setzen sich zusammen aus Motor, Getriebe und Kühlanlage. Eigentlich wie im Auto, sagt Herzog. Die Idee ist, das Austauschen leichter zu machen: Man kann die Antriebseinheit mit allem Drum und Dran aus dem Zug nehmen und durch ein frisches Powerpack ersetzen. So kann der Zug schnell zurück auf die Schiene.

Wenn ein Motor in Bremen ankommt, wird er komplett demontiert, „bis auf die letzte Schraube“, erklärt Herzog. Einige Teile sind schrottreif und werden ersetzt, andere Teile werden aufgearbeitet. Neu zusammengesetzt kommt jeder Motor auf den Prüfstand, je nach Größe acht bis 14 Stunden: Kraftstoffverbrauch, Drehzahl, Drehmoment – alles wird in verschiedenen Belastungszyklen getestet. Herzog vergleicht den Motor auf dem Prüfstand mit seinen zahlreichen Drähten, Sensoren und Stöpseln mit einem Sportler beim Leistungstest. Die Verbrennungsmotoren, die hier auf dem Prüfstand stehen, werden vor allem in Regional- und Güterzügen genutzt. Andere Züge fahren mit Strom aus Oberleitungen.

Wie viele Motoren ein Eisenbahnunternehmen für den Austausch bereithält, entscheidet es selbst. Die Bre­me­r*in­nen sind für die Instandhaltung zuständig – „schnellstmöglich und in der geforderten Qualität“, sagt Herzog. „Wir sprechen mit unseren Kund*innen, wie schnell sie für ihren Betrieb instandgesetzte Motoren zurück brauchen. Die Arbeit im Werk ist dafür fast durchgängig digital und papierlos organisiert; Werkleiter Herzog nennt das „digitale Produktionssteuerung“: Mitarbeitende erhalten ihre Arbeitsaufträge aufs Tablet und bestätigen elektronisch, was erledigt wurde. „Wir haben es immer wieder geschafft, uns an die Zukunft anzupassen“, sagt Herzog.

Dass in Zukunft deutlich weniger Züge mit Diesel fahren werden, wissen sie auch in Bremen. Bald will das Werk gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (Ifam) Wasserstoff in Verbrennungsmotoren testen. Dafür soll auf dem Werksgelände ein Prüfstand entstehen. Die DB-Fahrzeuginstandhaltung stellt Raum und Wissen zur Verfügung, das Ifam kümmert sich um Bau und Betrieb des Prüfstands.

„Wir wollen mit Ja antworten können, wenn gefragt wird, ob wir einen Wasserstoffmotor prüfen können“

Sebastian Herzog, Werkleiter DB-Fahrzeuginstandhaltung

Das Werk Bremen richte sich am Bedarf der Kunden aus, sagt Herzog. Wenn sich der Markt Richtung Klimaneutralität entwickelt, wolle man bereit sein: „Wir wollen mit Ja antworten können, wenn gefragt wird, ob wir einen Wasserstoffmotor prüfen können.“ Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) spricht in Bezug auf das Projekt von der „Zukunftssicherung des Werkes“. Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD) nennt die Umrüstung bestehender Antriebe auf klimafreundliche Technologien „ein Schlüsselelement der Verkehrswende“.

Das Werk ist 111 Jahre alt. Bis 2019 wurden hier auch Loks instandgehalten. Dann folgte die Spezialisierung auf Motoren und Powerpacks. Kundin ist vor allem die DB, aber auch andere Verkehrsbetriebe geben hier Motoren ab. Das Werk ist Ausbildungsbetrieb für In­dus­trie­me­cha­ni­ke­r*in­nen und Lagerlogistiker*innen. Rund 400 Menschen arbeiten hier im Dreischichtbetrieb auf knapp 40.000 Quadratmetern im Industriegebiet in Bremen-Sebaldsbrück. Alina Götz

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