on the rail : Code Orange
Henning Kober bereist per Interrail Europa. Heute: Belgrad
Donnerstag, 18.50 Uhr: Am Horizont trennt ein orangenes Feuer Himmel und Erde. Das Handy lokalisiert: Novi Sad. Endlos lange Güterzüge stehen, Arbeiter laufen auf den Schienen.
19.02 Uhr: Langsam zieht die österreichische Lok die Wagen über die eingleisige neue Donaubrücke. Von der alten hat Top Gun nur die Brückenköpfe übrig gelassen. Angler sitzen am Ufer. Die Erdölfackel ist jetzt ganz nah. Aus dem Kopfhörer flüstert eine Frauenstimme. Auf der neuen Eddie-Richards-Mix-CD: „Glow Orange, glow Orange“.
19.51 Uhr: Über einem riesigen roten Mohnfeld fliegen Menschen durch die Luft. Sie sitzen in Ultraleichtflugzeugen, die von einem kleinen Grasflugplatz starten
20.11 Uhr: Der Zug schießt aus dem Tunnel, und da ist Belgrad. Links riesige braune Wohnburgen, die Fassaden bunt verziert mit zum Trocknen gehängter Wäsche. Rechts verknotete Hochstraßen, auf denen Autos rasen. Darunter Slums. Wellblechhütten, dunkle Menschen. Kinder rennen hinter einem Ball.
22.18 Uhr: Ich liege auf dem Bett und irgendwo explodiert ein Feuerwerk. Im Fernsehen gibt es das Bild dazu. Eine politische Kundgebung, am Samstag ist in Serbien Präsidentschaftswahl. Gesänge, rhythmisches Klatschen. „Serbia, Serbia.“ Die Frau des Kandidaten ist straff geliftet.