off-kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Am Ende steht dann doch das Klischee: „Diese Bergbewohner! Wild, heißblütig und tödlich naiv“, sagt der Mann (Gene Barry) von der Steuerfahndung, nachdem der Whiskyschmuggler Lucas Doolin (Robert Mitchum) nach einem Unfall mit dem Auto inmitten eines elektrischen Umspannwerks stirbt. „Er war ein echter Draufgänger!“ Doch eigentlich geht es in „Thunder Road“ (1958) gar nicht um Klischees: Der Film, den Robert Mitchum produzierte, für den er die Story (und einen Song) schrieb und in dem auch sein Sohn James mitwirkt, bietet eher ein akkurates Bild des ländlichen Tennessee in den 1950er-Jahren. Neben dem typischen Roadside-Americana mit den umgebauten Schmuggelautos, den vielen Garagen und Tankstellen, neben der wilden Countrymusik, die die nächtlichen Autofahrten befeuert, erklärt „Thunder Road“ auch ein Stück weit die Mentalität der Bewohner des ländlichen Südens, die sich keineswegs als bekloppte Hinterwäldler erweisen: Für sie ist das Schwarzbrennen des Whiskys ein Stück Lebenskultur und ein Ausdruck der Freiheit, die man bereit ist, auch gegen den Staat und seine Vertreter zu verteidigen. Denn mit dem vielen Geld, das die Schmuggler verdienen, können sie gar nichts anfangen: Es sei so gut wie Falschgeld, meint Doolins Mutter einmal, denn wenn sie sich einmal etwas kaufen wolle, würde sich sofort jeder fragen, woher sie das Geld habe. Doch die Bedrohung des Lebensstils geht nicht nur von der Regierung aus, auch das organisierte Verbrechen versucht, die illegalen Destillen unter Kontrolle zu bringen. Und so bleibt für Doolin nur der Tod, aufhören kann er nicht: „Da könnte ich genauso gut aufhören zu atmen.“ Das Eiszeit-Kino zeigt „Thunder Road“ in seiner umfangreichen Hillbilly-Filmreihe.
Wenn es stimmt, dass Agentenfilme besonders gut sind, wenn man als Zuschauer kaum durch die Wirren der Story findet, dann ist Michael Winners Thriller „Scorpio, der Killer“ (1972) zweifellos ein Meisterwerk. Burt Lancaster, den in seinen späten Filmen oft eine Aura der Melancholie umwehte, und der kühl kalkulierende Alain Delon reisen als Spione des CIA durch Europa, töten Premierminister, geraten auf die Abschussliste der eigenen Leute, jagen sich gegenseitig – und respektieren sich doch auch. Zudem geht es um Kollegensolidarität über den eisernen Vorhang hinweg und darum, wie die Agenten alten Schlages durch „junge Leute mit intelligenten, dummen Gesichtern“ ersetzt werden – keine guten Aussichten also für die Helden, das Filmende zu überleben.
Sterben müssen auch die entfernten adligen Verwandten eines jungen Mannes (Dennis Price), der in der edwardianischen Epoche Britanniens jeden ins Jenseits befördert, der zwischen ihm und dem angestrebten Titel als Herzog steht. Dabei ist er in Robert Hamers schwarzhumoriger Komödie „Adel verpflichtet“ vor allem darum bemüht, seine Familie, deren Mitglieder alle von Alec Guinness verkörpert werden, möglichst stilvoll zu ermorden. Doch das ist nicht immer einfach, wenn man zu ihnen „keine freundschaftlichen Beziehungen unterhält“. Lars Penning