off-kino: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Zwei Antikriegsfilme von John Huston, gedreht als Propagandawerke im Auftrag des amerikanischen Kriegsministeriums: „The Battle of San Pietro“ (1943) ist die unpathetische Schilderung der Schlacht um eine Passhöhe in der Nähe des Dorfes San Pietro im Liri-Tal zwischen Rom und Neapel, die in Bildern und Kommentar die Schwierigkeiten des Vorstoßes und die Verluste der US-Truppen hervorhebt. Interessant ist Hustons Ausblick auf eine kommende Friedenszeit: Eindrücklicher als Granatenbeschuss und Maschinengewehrgeratter bleiben einem die Bilder der Dorfbewohner im Gedächtnis, die in die Ruinen ihres befreiten Dorfes zurückkehren und ihre alltäglichen Beschäftigungen wieder aufnehmen. In den Mittelpunkt stellt Huston die Kinder, die laut Kommentar alles schnell vergessen: „Morgen wird es so sein, als ob die schlimmen Dinge niemals passiert sind.“ Ein noch eindringlicheres Plädoyer für Frieden und das Leben gibt „Let There Be Light“ (1945), eine Dokumentation über die Behandlung von Soldaten, die im Dienst psychoneurotische Störungen davongetragen hatten. Gedacht als Teil eines Aufklärungsprogramms, das der Öffentlichkeit die Berührungsangst vor den kranken Soldaten nehmen sollte, fiel Hustons Schilderung von deren Leiden jedoch so drastisch aus, dass der Film für lange Zeit nicht vorgeführt wurde. „Let There Be Light“ enthält größtenteils Gespräche zwischen Psychiatern und ihren Patienten, die von Zittern, Lähmungserscheinungen, Stottern und Gedächtnisverlust berichten – Erscheinungen, die auf während des Krieges durchlittene Ängste zurückzuführen sind. Wie in „The Battle of San Pietro“ interessiert sich Huston letztlich auch hier für den Ausblick in die kommende Friedenszeit und die Eingliederung der Soldaten in die Nachkriegsgesellschaft: „Building instead of destroying“.
Aus Aufnahmen von zwei Auftritten, die Neil Young 2005 aus Anlass seines damals erschienenen Albums „Prairie Wind“ im Ryman Auditorium in Nashville gab, schuf Regisseur Jonathan Demme mit „Neil Young: Heart of Gold“ einen sehr konzentrierten Konzertfilm, der vor allem die familiäre Atmosphäre im Zusammenwirken der Musiker betont.
Eigentlich hatte Fritz Lang die Geschichte seines Film-noir-Klassikers „Scarlet Street“ (1945) schon einmal ganz erzählt: Bereits in „The Woman in the Window“ (1944) verkörperte der brillante Edward G. Robinson einen harmlosen Mann mittleren Alters, der als Strohwitwer mit einer schönen Unbekannten anbändelt und binnen kurzem in einen Mord verwickelt ist. Doch was in „The Woman in the Window“ als Traum aufgelöst wird, formuliert Lang in „Scarlet Street“ mit der gleichen Besetzung (Robinson, Joan Bennett, Dan Duryea) erheblich schärfer: Für den biederen Bankangestellten bedeutet die Bekanntschaft mit der attraktiven Femme fatale tatsächlich die Möglichkeit des Ausbruchs aus der bürgerlichen Welt – bald schon lebt er als Maler ein Boheme-Doppelleben und blüht förmlich auf. Umso herber fällt allerdings die Enttäuschung aus, als er merkt, dass er nur ausgenutzt wird. Lars Penning
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