noch 270 tage bis zum euro: taz-Serie über unser neues Geld
Die Mark geht in Rauch auf
„Gehören auch Sie zu den Münzsammlern?“, fragen die neuen Werbeplakate der Deutschen Bundesbank. Sie bitten darum, in Sparschweinen oder Kaffeekassen gesammelte Münzen schon vor der Euro-Einführung abzugeben. Die Frankfurter wollen das gesamte Bargeld zurückhaben – und vernichten. Was nach Verrat klingt, war schon immer Aufgabe der Bundesbank und der Landeszentralbanken (LZB): die Entsorgung des Altgelds.
Während Münzen zum Teil bereits seit 1948 umlaufen, sind Banknoten rasch zerfleddert und unansehnlich. Zwanzig-Mark-Scheine machen im Schnitt schon nach eineinhalb Jahren schlapp, die netter behandelten Tausender halten vier Jahre länger. Am seltensten sind übrigens nicht die Fünf-Mark-Scheine, von denen es 60 Millionen gibt, sondern die 40 Millionen Zweihunderter.
Auf die ehemaligen Wertpapiere warten „Banknotenbearbeitungsmaschinen“. Sie zählen alle Eingaben und spucken falsche Scheine aus. Für diese interessiert sich die Polizei. Den unbeanstandeten Rest schneiden die Maschinen in jeweils 800 dünne Streifchen. Dieses Schreddergut, bisher pro Jahr rund 1.400 Tonnen, wird dann wie ordinärer Hausmüll auf eine Deponie gekippt.
Mit der Euro-Einführung fällt nun das Doppelte der gewohnten Altgeldmenge an: 2,8 Milliarden Banknoten mit einem Nennwert von 280 Milliarden Mark. Deshalb suchte die bayerische LZB im Auftrag der Bundesbank für die 34.000 Kubikmeter Geldschredder weitere umweltgerechte und wirtschaftliche Entsorgungswege.
Die Papierindustrie winkte ab: Recyclen lassen sich die Scheine nicht. Die Idee, mit den Geldschnipseln Särge zu polstern, gefiel wiederum den Währungshütern nicht. Eher schon sagten ihnen Briefpapier mit sichtbaren Geldpartikeln oder die Verarbeitung zu Ziegeln und Hartfaserplatten zu. Eine LZB ließ 60 Millionen Mark mit Kartoffelschalen und Gartenabfall zwei Wochen in einen Intensivverrottungstunnel stecken und war danach mit dem Kompost recht zufrieden. Die LZB in München hingegen will weite Transportwege vermeiden und lässt ihre Scheine „energetisch verwenden“, also in der nächstgelegenen Müllverbrennungsanlage verfeuern.
Mehr Kopfzerbrechen als der Schein-Tod bereiten dagegen die Münzen. Trotz einem erwarteten Schwund von 40 Prozent rechnet die Bundesbank mit einem Rückfluss von 28 Milliarden Stück. Sie haben einen Nennwert von 9,5 Milliarden Mark und ein Gewicht von 98.500 Tonnen.
Für diese Hartgeldberge wurden große Lager eingerichtet. Dort warten die Münzen darauf, mit Geräten, die noch zu beschaffen sind, zerschnitten oder auf andere Weise deformiert und dann eingeschmolzen zu werden. Bis in zwei Jahren soll endgültig das letzte Markstück verarbeitet sein. MARTIN EBNER
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