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nebensachen aus pjöngjangIm Dienste des Kinogenies Kim Jong-il

Wenn der Hai lacht

Wenn der Hai lacht, wirkt er sehr charmant. Doch meistens verbreitet er Angst und Schrecken: Seit Jahrzehnten spielt der Schauspieler Kim Dok Sam die Rolle des Bösewichts im nordkoreanischen Film, deshalb wird er seinen Spitznamen „Shang-O“ (der Hai) nicht mehr los. Kürzlich war er bei den Aufnahmen für den Kostümstreifen „Der klare Fluss“ auf dem Gelände des staatlichen Filmstudios am Westrand von Pjöngjang zu beobachten, das vor über fünfzig Jahren vom „Großen Führer“ Kim-Il-Sung gebaut wurde und zu den Sehenswürdigkeiten zählt, die Ausländern vorgeführt werden.

Der 65-jährige Hai spielt einen korrupten und grausamen Polizeichef aus dem alten Korea, der ein unschuldiges Mädchen entführen, seine Gefangenen verprügeln lässt und dafür büßen muss. „Der klare Fluss“ ist der einzige Film, der an diesem Tag auf dem Studiogelände gedreht wird. 1.600 Angestellte arbeiten hier, 24 Filme pro Jahr entstehen derzeit, wie der Fremdenführer mit dem Kim-Il-Sung-Stecker im Revers erzählt. Außer ein paar Aufpassern, Gärtnern und versprengten Besuchergruppen bewegt sich nichts in den Kulissen. Die vermitteln immerhin einen Eindruck davon, wie die isolierte Bevölkerung Nordkoreas die Welt sehen soll: als traditionelles koreanisches Bauerndorf; als Geschäftsstraße im alten China; als Villenviertel der Reichen in Europa; als Rotlichtbezirk in Japan und Südkorea, wo Werbeschilder mit busenreichen Blondinen und „Fujifilm“-Reklame vor Bars und Saloons amerikanische GIs anlockt.

Nur eine winzige Elite in Nordkorea hat Zugang zu Hollywoodstreifen und anderen westlichen Filmen, für die besonders der „liebe Führer“ Kim Jong-il schwärmt. Dem Volk wird magere Kost serviert: Zeichentrickfilme, die den heldenhaften Kampf der schlauen Igel gegen den bösen feindlichen Tiger zeigen, wechseln ab mit revolutionären Schinken, die sich um die göttergleichen Kims, wehrhafte Militärs und tapfere Zivilisten Nordkoreas ranken.

Der Hai erzählt von den großartigen Zeiten, als der „liebe Führer“ Kim Jong-il sich seinen Ehrentitel „Genie des Kinos“ erwarb. Damals, in den Siebziger- und Achtzigerjahren, besuchte das „Genie“ über 350 Mal die Studios, um wunderbare Drehbücher zu schreiben und „persönlich Regie“ zu führen. Ein Beispiel für die große Begabung des Regierungschefs, der seine Gedanken über die Aufgabe der Kunst in Nordkorea in seinen „Gesammelten Werken“ verbreitet: „Er hat es geschafft, einen Film in nur 23 Tagen zu drehen, während wir zwei Monate brauchen!“, sagt der Hai lobend.

Wovon der Schauspieler nicht spricht, ist die Methode, die sich das „Kinogenie“ Kim ausgedacht hatte, um Nordkoreas Studios voranzubringen: Er ließ 1978 den südkoreanischen Regisseur Shin Sang Ok entführen, mit seiner Ehefrau, einer bekannten Aktrice. Die beiden arbeiteten in den Filmstudios von Pjöngjang, bis ihnen acht Jahre später die Flucht gelang.

Über solche heiklen Themen spricht man nicht in Gegenwart eines offiziellen Dolmetschers. Stattdessen erzählt der Hai, dass er noch nie im Ausland war, aber aus professionellen Gründen ausländische Filme sehen darf. Sein Fazit: Besser als die nordkoreanischen Kollegen „sind die Schauspieler in Hollywood auch nicht“. Welcher Film ihm am besten gefallen hat? „Titanic!“, sagt er. JUTTA LIETSCH

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