: nachtrag Reife feiern
Es gibt Texte, da ahnt der Redakteur: Oh, oh, das wird böses Blut geben! Dann wieder gibt es Artikel, die erscheinen dem Redakteur harmlos, fast weltabgewandt. In diese Kategorie fällt der Beitrag von Henning Kober im taz.mag vom 3. August, in dem Kober halb distanziert, halb melancholisch von einer Abiturfeier in der Metzinger Stadthalle berichtete – und wütende Briefe aus der Region provozierte. Bernd Wahl aus Tübingen hat einst selbst am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Metzingen Abitur gemacht. Er schreibt uns: „Diese Geschichte ist nicht nur unsäglich schlecht, sondern vor allem unangebracht. Von einem Autor, der sich als Kosmopolit sieht, erwarte ich eigentlich, dass er Glosse und Arroganz trennen kann. Es ist eine Abrechnung des ‚großen‘ Autors mit der schwäbischen Kleinstadt, in der er es nie schaffte, sich selbst zu inszenieren. Misslungen.“ „Der in Berlin und London lebende Verfasser“, heißt es in einem anderen Leserbrief, „scheint beinahe mitleidig auf die Anwesenden herabzublicken, die im Gegensatz zu ihm nicht imstande waren und sind, der trotz Outletcenter ‚ländlichen Region‘ zu entfliehen.“ Leider verraten uns die SchreiberInnen – Ina R. (Reutlingen) und Hannes H. (Metzingen) – nicht ihre vollen Namen. Reichte die Reife nicht? Oder drohen in der Region schlimme Repressalien bei freier Meinungsäußerung? Höchst merkwürdig das alles.
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