mountains gallery: Seine Zelte abbrechen
Mit diversen Räumen und Architekturen setzt sich Max Geisler schon länger auseinander. Bei denjenigen, die ihn in den vergangenen Monaten besonders beschäftigt haben, handelt es sich um tragbare, sich selbst entfaltende: Geisler hat Wurfzelte aus dem Campingbedarf zerschlitzt und zerrissen, bemalt und besprüht, der alten Redewendung, „seine Zelte abzubrechen“ quasi neue Bedeutung verliehen.
Viel könnte man in diese Materialwahl und Geislers Umgang damit hineininterpretieren, während man sich durch die Ausstellung „Collapse“ bei Mountains bewegt. Erst recht in der aktuellen Situation – Rückzug und Fernweh, Sehnsucht nach Natur und Künstlichkeit und nicht zuletzt der modernen Zelten innenwohnende Widerspruch zwischen Einfachheit und Hightech schwingen da mit. Tatsächlich hat Geisler, der in Offenbach und Wien Malerei studiert hat, erst durch die Pandemie den entscheidenden Impuls verspürt, sich diesem Material anzunähern, auch wenn es in seine Praxis durchaus sehr gut passt.
In früheren Arbeiten hat er unter anderem mit Trockenbauwänden, Dämmwolle und Armierungsgewebe architekturähnliche, betretbare Installationen gebaut, Räume in Räumen sozusagen und diese im Prozess halb wieder abgerissen und mit Farbe besprüht, so dass sich, je nachdem von welcher Position und Perspektive aus man auf sie blickt, unterschiedliche Bildebenen ergeben.
Auch bei den Zeltarbeiten lotet der Künstler ziemlich klassisch Farb- und Raumwirkung aus, benutzt allein schon aus diesem Grund Zelte unterschiedlicher Größen, Typen und Funktionen. Eine Schwäche scheint er für solche zu haben, die sich an sehr spezifische Nutzer*innen richten, Babystrandmuscheln sind etwa dabei oder ein Wurfzelt für Katzen. Es sind kleine Absurditäten der Outdoorcommunity, an denen Geisler seinen Spaß hat, davon zeugen die Titel, die er den Arbeiten gibt. „H.8.21 (Lowlife perspective)“ heißt zum Beispiel diejenige aus dem Katzenzelt, „H.7.21 (Druckstellen im Halbschatten)“ eine aus einem doch recht schmalen Zwei-Personen-Wurfzelt. Bei Mountains erscheinen sie nun allesamt wie abstrakte, knallig-bunte Bilder der Zerstörung, die parasitengleich aus den Wänden wachsen.Beate Scheder
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