morgen : Oper für regiegeschädigte Sänger
Das Schlimmste sind die Stehopern, bei denen die Sänger sich immer genau die Posen aussuchen, die für ihre Atmung oder was auch immer am günstigsten sind. Da mag man dann gar nicht mehr hingucken, so stehen sie in der Gegend herum. Schlimm sind aber auch die Regisseure, die die Sänger über die Bühne hetzen, so dass sie, wenn ihr Einsatz kommt, wie festgefroren stehen bleiben, denn beim Rennen können sie ja schlecht singen. Entweder, so scheint es, vergeht einem vor Sehen das Hören oder eben umgekehrt, richtig machen kann man es eigentlich nicht. Einen Versuch, es trotzdem zu schaffen, unternimmt ab Sonntag in der Kulturbrauerei die Regisseurin Sandra Leupold, die schon einmal durch eine Don Giovanni-Inszenierung am selben Ort von sich reden machte. Unter dem neckischen Titel „Dove scherza amor“, „Wo Amor scherzt“, werden Liebesarien von Monteverdi, Mozart, Händel und Schumann montiert und in offene Szenen überführt, bei denen die acht Sänger ständig auf der Bühne präsent sind. Regieanweisungen gibt es nicht, eine Ausstattung ebenso wenig. Die Sänger werden auf ihren Körper zurückgeworfen und sind zur Improvisation gezwungen. Fast könnten sie einem Leid tun. Aber sie sind ja Kummer gewohnt (s. o.).