montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens:
Manchmal will ich mich im Vergessen, Vergeben und Verzeihen üben, ich will einfach nur emotionalen Ballast abwerfen. Schließlich schleppe ich über die Jahre einen ganzen Rucksack an Wut, Trauer und Enttäuschung mit mir herum, wobei die Last immer schwerer wird. Besonders wenn ich an die Linken denke, zu denen ich leider auch einmal gehörte. Hilfe suche ich dann, wenn mich diese negativen, miesen und misslichen Gedanken überwältigen, in einer buddhistischen Übung, bei der man sich so lange im Spiegel ansieht, bis das Spiegelbild den Betrachter mag. Allerdings mache ich das nur an Tagen, an denen ich mir schlunzig, schmutzig und schmierig vorkomme. Was nicht oft geschieht. Genauer gesagt: eigentlich nie. Denn inzwischen habe ich gelernt, mich selbst anzunehmen, zu akzeptieren und zu annektieren. Und so schreibe ich denn befreit auf und über die Verhältnisse, halte ihnen den Spiegel vor, bis sie sich oder auch mich mögen. Als Betrachter mit Ballast und Emotion.
Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.
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