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möllemanns flugblattDer unwissende Vorsitzende

Im Zweifel für den Angeklagten. Vieles spricht dafür, dass der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle tatsächlich von niemandem im Vorfeld über das geplante, antisemitisch gefärbte Flugblatt seines Parteifreundes Möllemann informiert worden ist. Je hilfloser politische Profis auf unbestreitbare Vorhaltungen reagieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Wahrheit sagen und Opfer einer Serie von Pannen geworden sind. Wer hingegen finstere Pläne schmiedet, legt sich im Regelfall irgendwann einmal eine einigermaßen glaubhafte Rückzugslinie für den Fall der Entdeckung zurecht. Sonst müsste er ja dümmer sein, als die Polizei erlaubt – und dumm ist Westerwelle nicht. Also werden seine Einlassungen schon stimmen.

Kommentarvon BETTINA GAUS

Allerdings sollte sich der FDP-Vorsitzende nicht zu sehr darüber freuen, dass man ihm Glauben schenkt. Das macht die Angelegenheit nämlich nicht besser. Natürlich kommen im Wahlkampf ziemlich viele Briefe in Parteizentralen an, die nicht alle der Führungsspitze persönlich vorgelegt werden können. Und selbstverständlich greift eine stellvertretende Landesvorsitzende nicht jedes Mal zum Telefonhörer, um das Präsidium darüber zu informieren, was ihr Chef so beim Bier erzählt. Das wäre ja auch noch schöner. Wenn aber bei einem derart brisanten Thema wie den Wahlkampfaktivitäten von Jürgen Möllemann nirgendwo die Alarmglocken schrillen, dann sagt das mehr über Guido Westerwelle aus als über irgendjemanden, der jetzt dafür bezahlen muss.

Mitarbeiter und Parteifreunde eines Hoffnungsträgers wissen im Allgemeinen ziemlich genau, woran sie mit diesem sind. Dessen Prioritäten entscheiden darüber, was er wissen muss und was von ihm ferngehalten werden kann – und nicht die Prioritäten seiner Untergebenen. Was mögen die FDP-Mitarbeiter wohl gedacht haben, als sie besagten Brief geöffnet haben? Ach, nur Möllemann. Der schon wieder! Und immer noch dieselbe Geschichte! Weg damit, ab in die Provinz. Diese Fehleinschätzung wäre verständlich, denn Westerwelle selbst hat zwar einerseits sehr deutlich gemacht, dass er Zweifel an seiner Autorität nicht hinnehmen wird. Andererseits aber hat er die inhaltlichen Grenzen, innerhalb derer er sich bewegen will, bis heute nicht definiert. So lange das so ist, braucht sich niemand zu wundern, wenn Hinweise auf antisemitische Zündeleien bei der FDP nicht so ernst genommen werden. Bleibt die Frage, in wessen Interesse liegt all das?

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