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mit der 0190-0 auf du und duE-Commerce ohne Kreditkarte und Kostengrenzen

ABZOCKE NUR MIT EINVERSTÄNDNIS

Sexgeflüster, Horoskope oder Allergiewarnungen – für maximal 3,63 Mark pro Minute erfüllten die 0190-Telefonnummern bisher fast jeden Wunsch. Neuerdings können Anrufer auch unter der 1090-0 ihr Geld loswerden – allerdings zu unbegrenzten Einwahlkosten und Minutenpreisen.

Die neue Null eröffnet den Betreibern der Bezahlnummern den lukrativen Markt des E-Commerce ohne Kreditkarte. Das Zauberwort heißt Micro-Payment: Per Telefon können Anrufer CDs, Zeitungs-Abos und Faxabrufe bestellt werden. Die Kosten dafür werden über die Telefonrechnung eingezogen.

Für Telefonberatungen, egal ob juristischer oder erotischer Art, sind bei der 0190-0 auch dynamische Tarife erlaubt. Der Anrufer muss sein Einverständnis nur über das Eintippen der Ziffer 19 bestätigen – bezahlt wird später.

Der Startschuss für das Micro-Payment fiel mit der Inkasso-Entscheidung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation. Sie schrieb der Telekom vor, auch für andere Netzanbieter die Kosten auf ihren Rechnungen einzufordern. Peter Müller von der Kieler Verbraucherinitiative Stiftung Gesundheit befürchtet seitdem „unkalkulierbare Abzocke“.

Doch unkalkulierbar sind die 0190-0-Telefondienste nicht. „Wir halten uns an die Preisangabeverordnung“, versichert Hans Joachim Kruse, Vorstand des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste (FST). Ein Verhaltenskodex schreibt den Betreibern der 0190-0-Nummern vor, eine kostenlose Preisansage zu schalten. Diese muss über Grundgebühr und Minutenpreise des Anrufs informieren, was bei den herkömmlichen 0190-Nummern nicht üblich ist. Alles, was teurer ist als fünf Mark, muss der Anrufer mit den Ziffern 19 bestätigen.

Bernd Ruschinzik von der Berliner Verbraucherzentrale ist trotzdem skeptisch: „Missbrauch ist so einfach, wenn von jedem Telefon aus teure Dinge bestellt werden können und die Kosten auf der Rechnung des Telefonbesitzers auftauchen.“ FST-Vorstand Kruse beunruhigt eher, dass schwarze Schafe die neue Nummer im Internet nützen – ohne Preisangabe. Deshalb will er mit seinen Mitgliedern am 30. März über Verbraucherschutz reden. Wer die Branche kennt, weiß, warum dies nicht geschah, bevor die 0190-0-Nummern auf den Markt kamen: Die Anbieter verdienen bei jedem Anruf kräftig mit.

KATJA TRIPPEL

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