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meinungsumfrageBerlin im Stimmungsloch

Pünktlich zur anstehenden Regierungsbildung des rot-roten Senats melden sie sich zu Wort: Die Bedenkenträger und schwarzen Rotseher. Da wird von einer „Sackgasse“ fabuliert, in die Berlin sich hineinmanövriert habe. Da beklagen Wirtschaftslenker ihre Bauchschmerzen, die sie angesichts der Sozialisten im Rathaus verspüren. Und da wird vor dem Übersetzen der SED-Nachfolger in die Westsektoren der Hauptstadt gewarnt, als hätte Gregor Gysi nicht schon seit 1990 den Bundestag aufgemischt.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Bei so viel Gefühlen in der Hauptstadt darf natürlich die Demoskopie nicht fehlen. Allen voran ein bekanntes Meinungsforschungs-Institut mit Sitz am Bodensee. Das will nun ermittelt haben, dass Berlin bei so viel Rottönen an Sympathiewerten einbüßt. So ein Zufall.

Sicher steht das „Meinungsergebnis“ der Allensbacher in keinerlei Zusammenhang mit der Meinungs-Nähe Elisabeth Noelle-Neumanns zur Volkspartei CDU? Ein Schelm, wer solche Fragen stellt. Zum Glück werden die Berliner zurzeit nicht befragt, wie hoch ihre Sympathiewerte für die Berliner Union sind. Die hat der Stadt die ganze Misere schließlich maßgeblich beschert. Zur Erinnerung: Es war die Misswirtschaft einer bürgerlichen Koalition undder Berliner konservative Sumpf, der die neue Hauptstadt mit Dreck an den Füßen daherkommen ließ. Dass der neue Senat zunächst als Projektionsfläche für den Frust über die Zustände dient, damit muss er rechnen. Die Party ist vorbei. Gute Stimmung ist also kaum zu erwarten. Allerdings sollte nicht so schnell vergessen werden, woher der Kater kommt.

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