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meinungsstark

Die Hoffnung auf Abschreckung

Der Wehrpflicht-Kompromiss beweist demokratische Stärke“, taz vom 15. 11. 25

Wehrpflicht – ja oder nein? Die Diskussion wird aktuell überall geführt: In allen Medien, an Stammtischen, in Familien, in Schulen … Und die Meinungen gehen weit auseinander.

Natürlich gibt es im Krieg nur Verlierer. Natürlich gibt es auf diesem Erdenball einen Haufen Probleme, deren Lösungen drängender sind, als sich gegen die Machtansprüche kranker Staatenlenker zu wehren. Doch leider gelingt es Despoten und Autokraten immer wieder, Konflikte vom Zaun zu brechen und das eigene Volk davon zu überzeugen, dass man für eine gute Sache kämpfe. Tatsächlich aber werden meist zahlreiche Abkommen oder gleich das Völkerrecht gebrochen. Mit chemischen Waffen, Drohnen oder dem Einsatz von Streubomben sollen wirre Ziele erreicht werden.

Dagegen hilft kein Verhandeln, das haben die Erfahrungen der letzten Jahre schmerzhaft gezeigt. Was jedoch hilft, ist Abschreckung. Das müssen wir leider akzeptieren. Die Putins, Lukaschenkos, Jinpings, Jong Uns oder Maduros dieser Welt verhandeln nicht, sie schaffen Tatsachen!

Achim Bothmann, Hannover

Alles nur „Putativnotwehr“?

Polizei schießt auf Zwölfjährige: Viele offene Fragen“,

taz vom 18. 11. 25

Fassungslos und empört habe ich von dem an Zynismus nicht zu überbietenden Argument des Polizistenanwalts gelesen, sein Mandant habe in „Putativnotwehr“ den farbigen flüchtigen Jungen Lorenz in Oldenburg von hinten erschossen. Von hinten in den Rücken geschossen – in Putativnotwehr?

Diesmal schießen zwei erwachsene Polizisten in Bochum ein zwölf Jahre altes, gehörloses Mädchen in den Bauch und verletzen es lebensgefährlich – nachdem sie zuvor ihre auch gehörlose Mutter fixiert hatten.

Ich bin 82 und ich habe geweint. Ich frage mich: In welchem Land lebe ich? Und, liebe taz, für mich sind keine Fragen zum Verhalten der Polizisten mehr offen! Die Polizisten wussten von der Gehörlosigkeit! Trotzdem war weder eine Ge­hör­lo­sen­dol­met­sche­r:in noch eine Sozialarbeiterin da?! Vielleicht ist doch eine Frage offen: Welche Gesinnung haben diese schwer bewaffneten ehrenwerten „Ordnungshüter“? Muss man für sie die Unversehrtheit Gehörloser, behinderter Kinder, Heranwachsender oder gar farbiger Jugendlicher wie in Oldenburg nicht unbedingt so „heilig nehmen“?

Diese völlig unnötige Polizeigewalt gegen ein 12-jähriges Kind ist ein schwerwiegender Straftatbestand! Ein Verbrechen! Das gehörlose Mädchen hat nach seiner Mutter gerufen, die von der Polizei vor ihren Augen fixiert wurde. Haben sie das so auf der Polizeischule gelernt? Für mein Rechtsverständnis ist es ein Verbrechen, das Kind lebensgefährlich zu verletzen! Und der Anwalt der Polizei? Plädiert der jetzt auch auf ­Putativnotwehr?! Winfried Grißmer.

Warum schießt die Polizei immer wieder auf Personen, die mit einem Messer bewaffnet sind? Wenn sie es nicht mit einem geübten Messerwerfer zu tun haben, ist erst mal Abstand halten angesagt, also Rückzug und abwarten.

Ein Messer ist keine Waffe, die auf Distanz eine erhebliche Gefahr für andere darstellt. Ich war mal Betriebsarzt eines Nahverkehrsunternehmens und habe dort Fahrscheinkontrolleure mit übertriebenem Ehrgeiz erlebt, die unbedingt Schwarzfahrer festhalten wollten. Mein Ratschlag war immer: Lieber 3 Meter zurück als ein Messer im Bauch – auch wenn das erhöhte Beförderungsentgeld wegläuft.

Weder bei dem gehörlosen Mädchen noch bei dem jungen Senegalesen, der 2022 in Dortmund mit einer Maschinenpistole erschossen wurde, und auch nicht bei dem verwirrten Nackten, der 2013 im Neptunbrunnen in Berlin erschossen wurde, gab es die dringende Notwendigkeit, sich zu nähern. Abstand halten und verbale Deeskalationsversuche wären viel eher angebracht gewesen.

Auch wenn sich jemand selbst verletzt oder damit droht, kann ja wohl nicht die Lösung sein, ihn zu erschießen!

W. Reidenbach, Arzt für Arbeitsmedizin, Berlin

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