meinungsstark:
Gnadenlos: Tod und Vertreibung
„Krieg in Gaza: Ein bodenloser Plan. Israel hat am Sonntag seine Bodenoffensive im Gazastreifen gestartet“,
taz vom 19. 5. 25
Ich selbst bin ein Enkel zweier Großväter, die im zweiten Weltkrieg als Angehörige der Wehrmacht an Mord und Vertreibung beteiligt waren. Als Angehöriger einer späteren Generation ohne persönliche Beteiligung habe ich zwar keine Schuld auf mich geladen, fühle aber die kollektive Scham als Nachfahre und habe als Deutscher mindestens die Verantwortung geerbt, Kriegsverbrechen etwas entgegenzusetzen. Als Bürger eines Landes, welches aktuell bedingungslos Israel unterstützt, stürzt die Reaktion der deutschen Politik auf Vertreibung und Bombardierung der zivilen Bevölkerung, der Zerstörung von Krankenhäusern und Universitäten, dem Verschieben von Grenzen in Gaza und im Westjordanland mich in einen persönlichen Gewissenskonflikt. Die „Gnade der späten Geburt“ nutzt hier nichts, denn zur kollektiven Scham aus der Historie kommt nun doch das Gefühl, persönlich beteiligt zu sein und Schuld auf mich zu laden. Ich habe mich in meiner „deutschen Haut“ in meinem bisherigen Leben noch nie unwohler gefühlt. Die Reaktionen meiner Regierung auf das israelische Vorgehen kann ich nicht mit den Werten, die mir aufgrund unserer Geschichte beigebracht wurden, in Einklang bringen. Michael Frohnert, Bochum
Glyphosat, Profit & Lügen
Bayer prüft offenbar Insolvenz von Monsanto wegen Glyphosat. Der Chemiekonzern erwägt wohl, die Klagewelle wegen des Pestizids durch eine Insolvenz der Tochter Monsanto zu stoppen. Kritiker finden das ‚infam‘“,
taz vom 17. 5. 25
Ein Glyphosat-Verbot bringt am Ende so viel, wie den Klimawandel zu „verbieten“. Was wirklich was bringen würde, wäre ein Verbot aller Phosphonate (Stoffgruppe von Glyphosat), nur ist das politisch vermutlich niemals durchsetzbar. Ich habe mir im Internet Round-Up als Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Pelargonsäure bestellt, und gleich noch einen Nachfüllkanister. Auf dem Kanister stand nur auf Englisch drauf: „Ingredients: ß-Glyphosate, for research only“. Ich verstehe das so, dass niemals ein Antrag für ß-Glyphosat gestellt werden wird, weil es sowieso keine Zulassung bekommen würde, es aber auch noch nicht unter das Grundstoff-Überwachungsgesetz fällt und daher als „research-chemical“ verkauft werden darf. Ich bin froh, dass es mir aufgefallen ist, sonst hätte ich mit dem Dreck vermutlich meinen gesamten Garten vernichtet. Von Bayer-Monsanto fühle ich mich verarscht. Um zu sagen wie es ist: ß-Glyphosat ist weder verboten noch zugelassen, die Verantwortung wird aber auf den Consumer, also mich, abgeschoben. Marc Klemens
Trump, der Kapitalismuszerstörer
Donald Trump hat viel geschafft: Er hat das politische Klima vergiftet, Institutionen beschädigt und die Welt zum Zittern gebracht. Aber eines hat er vielleicht ungewollt erreicht: Er hat die Maschine des westlichen Ausbeutungskapitalismus ins Stottern gebracht. Wer Migrant:innen vertreibt, zerschlägt nicht nur Träume, sondern auch Lieferketten. Wer Grenzübertritte blockiert, lässt die Erdbeeren verrotten. Trump mag den Kapitalismus lieben – aber er hat ihn offenbar nie verstanden. Der moderne Kapitalismus braucht keine Papiere, sondern Verfügbarkeit. Er braucht nicht Bürger, sondern Körper: billig, rechtlos, austauschbar. Ob am Fließband, im Feld oder im Haushalt – die unsichtbare Hand des Marktes hat oft ein migrantisches Gesicht. Und das soll jetzt verschwinden? Trump will die Grenzen dicht machen. Gut. Dann machen wir auch die Supermärkte leer, die Restaurants teuer und die Altenheime überfordert. Denn ohne Ausbeutung funktioniert dieses System nicht. Wer sie unterbindet, legt den Motor frei – und zeigt, wie hässlich er wirklich ist.
Ausgerechnet Donald Trump – der Populist, der Mauerbauer, der Freund der Milliardäre – wird zum ungewollten Saboteur des Kapitalismus. Vielleicht ist das seine größte Leistung.
Peter Zimmermann, Köln
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