meinungsstark:
Pflaster auf schlechtem Gewissen
„Die Wut der Insel“, taz vom 14./15. 3. 20
Seit 2018 lebt die Reporterin auf Lesbos. Die Geschichte von Angst, Hass, aber auch großer Solidarität beginnt früher, aber da war die Eurokrise, und es gab in den Medien viel Ärger über die Griechen, die sich mit gefakten Bilanzen in die EU gemogelt haben sollen. Ich war im Frühjahr 2015 auf Lesbos, es kamen täglich Hunderte, die im Hafen von Molyvos auf dem Busparkplatz schliefen. Es gab sehr viel Hilfe von Bevölkerungsseite, obwohl sie fürchteten, was kommen würde. Es gab auch schon die „Goldene Morgenröte“, mit ihren Drohungen. Ich habe damals an die taz geschrieben mit der dringenden Bitte zu berichten. Aufmerksamkeit gab es erst später, als berühmte Menschen auf die Insel kamen, wie Ai WeiWei. Es ist doch kein Wunder, dass die Bevölkerung sich von aller Welt verlassen fühlt. Jetzt werden sie pauschal verurteilt, so lese ich den o. g. Bericht. Dass die Situation in fünf Jahren so eskaliert, ist auch unser Problem. 1.500 Kinder aus dem Dreck zu holen ist ein Pflaster auf dem schlechten Gewissen.
Chris Kreis, Unna
Aus der Sicht eines Mitglieds
„Keine Große Koalition mehr“, taz vom 14./15. 3. 20
Es ist bemerkenswert, in welch kurzer Zeit die neuen Vorsitzenden der SPD die Ereignisse nach der letzten Bundestagswahl vergessen haben. Zur Erinnerung: Am Wahlabend stellten die SPD-Führenden klar, dass die SPD nicht für eine Große Koalition zur Verfügung stehe, man lieber „Oppositionsführerin“ sein wolle. Das hatten sich die WählerInnen sicher gewünscht, dass die Partei, der sie ihre Stimme gegeben hatten, sich schmollend der Verantwortung entzieht. Nach einem wochenlangen Eiertanz und einem Absturz in der Wählergunst kam es dann bekanntlich doch zur Großen Koalition. Als Mitglied dieser Partei hatte ich gehofft, dass die neuen Vorsitzenden aus diesem Desaster gelernt haben. Aber weit gefehlt! Sicher müssen klare Wahlziele definiert werden. Ob aber Koalitionen eingegangen werden müssen, kann erst nach dem Wählervotum entschieden werden.
Wolfgang Härtel, Amorbach
Eso-Firlefanz
„Rudolf Steiner lesen“, taz vom 14./15. 3. 20
Die taz sollte die Wissenschaftlichkeit, die sie beim Thema Klimawandel einfordert, auch auf andere Bereiche anwenden. Dann würde eine vierseitige kritiklose Anthoposophie-Werbung wie in der Wochenendausgabe ausbleiben. Eine esoterische „Weltanschauung“ ohne wissenschaftlichen Hintergrund; eine strukturell autoritäre Pädagogik, die jeglicher enwicklungspsychologischen Erkenntnis widerspricht; eine völlig absurde Landwirtschaftstheorie; eine antiwissenschaftliche und in weiten Teilen gefährliche „Medizin“, die diesen Namen nicht verdient. Seriöser Journalismus muss das auch sprachlich berücksichtigen, z. B. keine Überschrift über Biobauern, wenn es um den landwirtschaftlichen Esoterikverein Demeter geht. Echte Biobauern gibt es auch ohne den ganzen absurden Eso-Firlefanz. Dirk Heinen
Die Kirche bleibt draußen
„Der politische Tonfall muss härter werden“,
taz vom 14./15. 3. 20
Danke an die beiden Autoren für ihre sprachkritischen Anmerkungen. Die AfD hat in der Tat eine rhetorische „Lücke erobert“ und die übrigen Politakteure in ihrer „pseudoaugenhöhenhaften Sanftheit“ (schön!) vorgeführt. Bislang, denn es scheint sich allmählich doch bei manchen zu ändern, wenn auch nicht bei Merkel, dazu ist es zu spät. Aber nicht nur der „Tonfall“ muss härter werden, die konkrete Politik muss sich „profilieren“, das sanftmütige „Sollen, Müssen, Können, Nichtdürfen“ muss endlich vom Modalen ins politisch-praktische „Tun“ umgesetzt werden. Die Kirchen können dabei ruhig außen vorbleiben, von ihnen ist eh nichts zu erwarten.
Gérard Carau, Beckingen
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