meinungsstark:
Nahkampf mit Nacktschnecken
„Der Garten kann nicht warten“, taz vom 17. 3. 17
Auf den ehrlichen Tipp zum Zerschneiden von Nacktschnecken mit einer Schere kann ich gut verzichten. Ersatzweise habe ich deshalb diesen blöden Hinweis zerschnitten.
Sabine Thiessen, Lammershagen
Aus MeToo wird MeemeemeeToo
„She kissed a boy …“, taz vom 16. 3. 17
„Der“ Kuss ist nicht zu vergleichen mit einem Klaps auf den Po einer Sekretärin. Es besteht weder ein Angestelltenverhältnis, noch ist ein Kuss mit einem meist auch abwertenden Klaps zu vergleichen.
Schneewittchen wurde ungefragt geküsst, Dornröschen auch, darüber werden wir demnächst sicher seitenweise lesen können. 90 Prozent der (leider auch in der taz) geschilderten „Übergriffe“ von Frauen auf Männer sind lächerlich und umgekehrt auch ein paar Prozent. Heulsusen, Weicheier, die ihren Enkeln später von ihrem ersten Kuss erzählen, der unter Aufsicht von Rechtsanwälten, Psychologen, Ärzten, Priestern und Eltern stattgefunden hat, damit alles mit rechten Dingen zugeht. Eine Freundin (50) erzählte mir neulich von einem kleinen Jungen aus ihrer Umgebung, der zum „Abschlecken“ sei, eine Moderatorin im BR fragte, ob in ihrem Tanzkurs genug geeignetes „Männermaterial“ vorhanden sei. Fange ich da als Mann an zu heulen? Nein, weil ich solche Wortwahl einordnen kann.
Falls eine meiner Töchter irgendwann mal mit einem doppelt so alten, doppelt so schweren Mann für eine Privatparty in dessen Hotelzimmer geht, dann habe ich was falsch gemacht. Wer das macht, sollte sich sicher sein, dass es sich lohnt, oder dass sie/er dem Typ noch rechtzeitig in die Eier treten und das Zimmer verlassen kann, falls es eng wird. Leider werden durch das dumme Gequatsche und Geschreibe die Probleme der Frauen und Jungen, die wirklich mit üblen Machtverhältnissen konfrontiert wurden oder werden, zugerotzt. Aus MeToo wird eine MeemeemeeToo-Debatte. Man kann über so einen Idiotenkram wie diesen Kuss schreiben, muss es aber nicht; ich möchte nicht, dass für solche Zeitungsbeiträge Bäume gefällt werden. Winfried Becker, Kempten
Dieses Attentat lenkt vom Brexit ab
„Anschlag von Salisbury: Sie ziehen alle Register“,
taz vom 16. 3. 17
Im beschaulichen Salisbury werden ein ehemaliger KGB-Mitarbeiter und seine in UK zu Besuch weilende Tochter mit einem im Kalten Krieg entwickelten Nervenkampfstoff angegriffen und schwer verletzt. Von wem, ist in dem mit Überwachungskameras zugepflasterten Land leider nicht festzustellen. Der eingesetzte binäre Kampfstoff führt nach Aussagen seines heute in den USA lebenden Entwicklers Wil Mirsajanow zu lebenslangen Schädigungen. Dieser Kampfstoff wurde ursprünglich als militärisches Nervengift in der früheren UdSSR in Produktionsanlagen in Tschetschenien entwickelt.
Wird Russland, wie durch Theresa May geschehen, nun zum Täter erklärt, verlangt die intellektuelle Redlichkeit zuvor die Klärung einiger Fragen. Nicht alle mit einem Colt erschossenen Menschen wurden von Amerikanern umgebracht. Der Nervenkampfstoff könnte nämlich sowohl aus den USA, aus UK, aber auch aus im Chaos des Zusammenbruchs der UdSSR abhanden gekommenen Restmengen stammen, über die Russland selbst die Kontrolle verloren hat.
Dass Jeremy Corbyn, dessen Land aufgrund von Falschaussagen in den verlustreichen Irakkrieg verwickelt wurde, zum bedachten Vorgehen auf- und Beweise einfordert, ist mehr als legitim. Aus der Kriminalistik ist eine weitere relevante Fragestellung bekannt, nämlich die Frage nach dem Profiteur einer Straftat. Und da würde ich der Europäischen Gemeinschaft doch zur Zurückhaltung raten. Denn dieser Anschlag kommt, neben der Wahlkampfhilfe für Putin, wohl auch den englischen Tories und ihrer Premierministerin sehr zupass, denn von deren obskurer Brexit-Politik ist seit dem Attentat in den Schlagzeilen kaum noch etwas zu lesen.
Klaus-Joachim Heuser, Gütersloh
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