lotterie : Privat vor Staat
Das Land Nordrhein-Westfalen muss dazu gezwungen werden, die alten Regeln der Staatslotterie zu ändern. Gegen Bundeskartellamt und EU-Kommission setzt die schwarz-gelbe Landesregierung auf Lotto, Toto und Sportwetten vom Amt. Das ist nicht nur unzeitgemäß, sondern widerspricht auch den politischen Grundsätzen der CDU/FDP-Koalition.
„Privat vor Staat“, heißt ein Motto der Regierung Rüttgers. Im Lotteriewesen gilt diese Devise seltsamerweise nicht. Obwohl eine begrenzte Liberalisierung des Glücksspielsektors nach Expertenschätzungen auch in NRW zehntausende Jobs schaffen würde, wehrt sich die Koalition gegen Wettbewerb und Marktwirtschaft.
KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER
Besonders peinlich ist dies für die FDP. In die Gedankenwelt eines Freidemokraten passt das Staatsmonopol ungefähr so gut wie Lebensmittelkarten, Prohibition oder Wohnraumbewirtschaftung. Wenn die NRW-Liberalen den Liberalismus wirklich ernst meinen, sollten sie nach England schauen. Im Mutterland des Wettens fänden sie genug Argumente: Auf der Insel ist der seit 1960 liberalisierte Wettmarkt ein Wirtschaftsfaktor. Milliarden werden verdient, tausende Menschen arbeiten in Wettbüros, die Branche boomt.
Wettunternehmer, Sportverbände und Juristen haben praktikable Modelle vorgeschlagen, wie auch Deutschland das Glücksspiel regeln kann ohne das EU-Recht zu missachten. Dazu gehören neue Wege bei der Suchtprävention und höhere Konzessionsabgaben für karitative Zwecke. Sportvereine und Kultureinrichtungen, die gegenwärtig aus den staatlichen Lotto- und Sportwetteneinnahmen bezuschusst werden, könnten so zu den Gewinnern zählen.
Falls sich Rüttgers und seine Länderkollegen einer Modernisierung weiter verschließen, droht ihnen eine schwere Niederlage. Die EU-Kommission scheint fest entschlossen zu sein, das provinzielle deutsche Lotto samt staatlichen Tippscheinen in den Papiercontainer der Geschichte zu werfen.