liebeserklärung: Markus Söder
Als Ehrgeizling ist er verschrien, als einer, der über Leichen geht, um endlich Ministerpräsident von Bayern zu werden. Dabei hat nur noch niemand sein wahres Wesen erkannt
Genau!“ Mehr hat Markus Söder nicht gesagt. Mehr gab es auch nicht zu sagen. Marietta Slomka hatte für das „heute-Journal“ des ZDF gefragt, ob es denn wirklich stimme, dass es in der CSU keine Lager gibt. Gibt’s nicht. So blöd wie am Donnerstag hatte Frau Slomka lange nicht geschaut. Hatte der bayerische Staatsminister für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat sie schlichtweg verarscht? Nein. Es war wie immer. Er wird einfach nicht verstanden, dieser wackere CSU-Streiter aus Nürnberg. Als Ehrgeizling ist er verschrien, der unbedingt Ministerpräsident im Freistaat werden will. Seit Donnerstag gilt er sogar als Loser, weil er es auf der heiß ersehnten Vorstandssitzung nicht geschafft hat, dem CSU-Cäsar Horst Seehofer einen Dolch in den Rücken zu rammen.
Als hätte er so etwas gewollt! Als könnte er auch nur einer Fliege etwas zuleide tun! In der an merkwürdigen Gewächsen nun wahrlich reichen Politiklandschaft dieses Landes gibt es wohl niemanden, der konsequent so missverstanden wird wie Söder. Dabei ist er ein Mann des Friedens und des Ausgleichs.
Wenn er in einer bayerischen Gemeinde auftaucht, um den dort heiß ersehnten Förderbescheid für schnelles Internet zu überreichen, dann heißt es immer, er mache das, um sich Unterstützer für seine Putschpläne zu organisieren. Dass er einfach nur ein gutes Werk vollbringen wollen könnte – niemand kommt auf diese Idee. Und wenn er breitbeinig vor der Jungen Union Bayerns steht und sich feiern lässt, dann wird gemeinhin vermutet, er habe frische Truppen zum Zwecke der Eroberung der Staatskanzlei um sich geschart. Dass junge Menschen diesen Mann des Ausgleichs, der sich einen juvenilen Charme bewahrt hat, einfach mögen müssen, warum nur kommt niemand auf diese Idee? Ja, vielleicht wäre die CSU ja zerstritten, gäbe es Lagerkämpfe, würde gar um Inhalte gerungen, möglicherweise würde irgend jemand Horst Seehofer einen Strick um den Hals legen und genüsslich lächelnd zuziehen, wenn nicht Markus Söder dafür sorgen würde, dass Einigkeit herrscht in der Partei.
2015 hat sich Markus Söder für Fastnacht im fränkischen Veitshöchheim als Gandhi verkleidet. Warum nur kann sich niemand vorstellen, dass er damit sein wahres Gesicht gezeigt hat?
Andreas Rüttenauer
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