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lidokinoUnd Gott fuhr hernieder – aus den Schatten

Pressetreff mit Mr. Cool & Co

Clint Eastwood ist irgendwie jetzt schon der Herrgott der 57. Filmfestspiele von Venedig, da können die Pfeiffers, Geres, Fords, Depps und Stones zu Hause bleiben. Eastwood wird kommen wie aus dem Nichts, er wird plötzlich auf irgendeiner Hotelterrasse vor mir stehen, die Augen zusammenkneifen, weil ihn die Sonne blendet, er wird ganz leicht grinsen und, wie am Ende von „Dirty Harry“, nur eben ganz freundlich, fragen: „Do you feel lucky?“

Wer sich seine kleinen Eastwood-Fantasien bewahren will, sollte sich allerdings auf gar keinen Fall jenen Dokumentarfilm anschauen, mit dem das Festival seinem Stargast neben einem Ehrenlöwen und einer kleinen Hommage die Reverenz erweist. Für „Clint Eastwood – Out of the Shadows“ hat Bruce Ricker alle Kollegen, Regisseure, Biographen, Kritiker, Castingagenten, Pferde und Beleuchter befragt, also praktisch jeden, der Eastwood im Laufe von vierzig Jahren Hollywood über den Weg gelaufen ist. Im typisch amerikanischen Dokumentarfilmambiente, das immer ein bisschen an eine warm ausgeleuchtete Gummizelle erinnert, plappern alle fröhlich am Gegenstand vorbei, und Eastwood selbst gibt mit jungenhaft geröteten Wangen hin und wieder ein Anekdötchen vor prasselndem Kaminfeuer zum besten. Nur Martin Scorsese, der irgendwas genommen haben muss, überholt sich selbst mit seiner Mickymaus-Stimme, wenn er zehn Sekunden lang vom Eastwoodschen Prinzip der dynamischen Lethargie reden darf. Auch der New Yorker Kritikerpäpstin Pauline hätte man gerne länger zugehört, wenn sie sich über „Dirty Harry“ im Kontext von Richard Nixons Law-and-order-Politik aufregt und dabei ausladend ihr Whiskyglas in die Kamera schwenkt. Immerhin zwei interessante Infos hat Rickers Film zu bieten: Für „Dirty Harry“ war eigentlich Frank Sinatra vorgesehen, der die Dreharbeiten kurzfristig absagte, es gab sogar schon ein Filmplakat, auf dem er aussah wie ein schüchterner Finanzbeamter, der an Karneval als Killer geht. Und die Idee, Meryl Streep in „Die Brücken am Fluss“ eine Hauptrolle zu geben, stammt tatsächlich von Ma Eastwood, die endlich mal was Reiferes an der Seite ihres Sohnes sehen wollte.

Und dann war er plötzlich da, mit seiner Rentnercombo. Eastwood, das Alpha-Männchen erschien auf der Pressekonferenz zu „Space Cowboys“ bescheiden im Mittelklasse-anzug und mit fast zenartiger Gelassenheit, aber auch verbindlich unverbindlich. Überhaupt entsprachen Mr. Cool & Co auf fast beunruhigende Weise den Phänotypen ihrer Rollen: James Garner, ein leicht schwerhöriger freundlicher Opi, der nervös nach seiner Brille fummelt und nie den richtigen Knopf fürs Mikro findet, Donald Sutherland, ein ewiger Althippie, der freudestrahlend erzählt, wie er während des Drehs bei einer Achtberbahnfahrt vier Bananen in die Kamera kotzte und Tommy Lee Jones, ein unbewegtes Pockennarbengesicht, das nur darauf zu warten scheint, dass endlich alles vorbei ist. Viel hat Eastwood nicht zu sagen. Weder über die amerikanische Politik („I respect everbody’s view“) noch über sich selbst („I have no secret“) noch über seine eigentliche Leidenschaft, den Jazz („It’s fascinating“). Angesprochen auf die populistischen Vorwürfe, mit denen Joseph Lieberman, Al Gores Vize in spe, Hollywood attakiert hat, lächelt Eastwood nur still und weise in sich hinein, während Sutherland gegen die amerikanischen Waffengesetze wettert.

Vielleicht ist Eastwood schon zu sehr Mythos. Was immer der weißhaaarige Clint in sich reinnuschelt – man hat Eastwood gesehen. Wie heißt es doch so schön in „Space Cowboys“, wo er die Menschheit durch einen postpensionierten Einsatz im All rettet: „Space will never be the same.“ KATJA NICODEMUS

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