piwik no script img

lexikonWhiskeykunde

Damals, es ist schon eine Weile her, wollte ich mal wieder mit dem Rauchen aufhören und verkündete meinen Entschluss im Freundeskreis. Herr Thömmes, ein Kollege, schlug eine Wette vor: Falls ich drei Monate später noch rauchte, wäre eine Flasche guter Whiskey fällig. In maßloser Überschätzung meiner Willenskraft stimmte ich zu. Herr Thömmes suchte sich „Midleton Very Rare“ als Gewinn aus. Damals kostete die Flasche selbst im Duty Free Shop rund 250 Mark. Um das kostbare Getränk richtig würdigen zu können, besorgte ich eine Flasche „Black Bush“ und eine Flasche „Tullamore Dew“ zum Vergleich. Herr Thömmes kaufte dagegen überaus winzige Gläser, weil er um seinen Wettgewinn fürchtete, und schenkte den Midleton in homöopathischen Maßen aus.

Das Ergebnis: Die meisten Blended Whiskeys aus Irland sind mild, aber der Midleton zergeht auf der Zunge – jedenfalls die späteren Jahrgänge. „Very Rare“ wird seit 1975 gebrannt, als die neue Brennerei bei Cork eröffnet wurde. Im Verkauf ist er seit 1984. Er wird bis zur Abfüllung in Bourbon-Fässern aus den USA gelagert. Um dem Whiskey eine besondere Tiefe zu verleihen, hat man einige Fässer aus der alten Brennerei hinzugemischt – und jedes Jahr dabei hinzugelernt. Der Whiskey ist tatsächlich „very rare“, es werden nur 600 bis 1.200 Kisten im Jahr produziert. „Black Bush“ aus der ältesten Brennerei der Welt in Nordirland ist deutlich preiswerter und fast ebenso mild. Tullamore Dew hingegen ist in Deutschland viel populärer als in Irland, weil die Marke früher vor allem für den Export produziert wurde.

Whiskey trinkt man ohne Eis, höchstens mit einem Tröpfchen Wasser. Im Falle einer Erkältung eignet sich der edle Tropfen als Medizin – mit heißem Wasser, Zucker, Zitrone und Gewürznelken. Der berühmte „Irish Coffee“ ist dagegen eine Erfindung für Touristen: In den Fünfzigerjahren ersann ein Barkeeper auf dem Flughafen Shannon dieses Getränk, um den US-Passagieren die Wartezeit zu verkürzen.

RALF SOTSCHECK

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen