: letzte Fragen
Wann und wie konnte sich das Unwort „lohnenswert“ etablieren? (29./30. 11.)
Vor etwa 6 bis 7 Jahren in der Fachredaktion des führenden deutschen Schulbuchverlags, der damals allen Deutschlehrern als Hilfe zum Unterrichten der deutschen Schriftsprache eine Werbung für die Buchreihe „Lektüre Easy Deutsch“ zusandte. Seitdem ist Deutsch als Unsprache etabliert und jedes Unwort Mainstream.
H. Doerry, Tübingen
Ab der Zeit, da die Faulenzer überhandnahmen. K. Heinrich, o. A.
Antwort lohnt sich nicht. SH, Berlin
Da hat es mal ein notorischer Drückeberger mit Arbeit versucht und festgestellt: Das ist ja lohnenswert, hat es seinen Kumpels erzählt, und so nahm das Unwort seinen Lauf.
D. Giese, Düsseldorf
Bedenkenswert ist diese wertige Frage schon. Zeigt sie doch, wie unwert die wertvolle deutsche Sprache verwertet wird. Wehret den Anfängen! Verwehrt den niederwertigen Wörtern einen Wert! Unwort ist unwert!
D. Anton, Erkrath
In meinem Duden aus den Jahren 1991 (20. Auflage), 2000 (22. Auflage) und 2006 (24. Auflage) habe ich das Wort „lohnenswert“ gefunden, dagegen in meinem Synonym-Duden vom 1. 10. 1972, Band 8, nicht, da gibt es nur „lohnend“ (als Synonym dafür steht: sich lohnen, nützlich, einträglich, erfreulich). Laut taz vom 2. 12. 2008 werden Unwörter seit 1972 von einer Jury ausgewählt. Ich habe schwer gegoogelt, aber gelohnt hat es sich nicht. Lohnenswert ist womöglich gar kein anerkanntes Unwort, sondern einfach nur blöd.
S. Lang, Dettenhausen
Was ist schlecht an Gutmenschen? (29./30. 11.)
Dass sie manchmal schweigen aus Angst vor dem Spott derer, die dieses Wort verwenden, um risikolos und argumentfrei „Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung“ als Spinner-Anliegen verlachen zu können.
Das Vorbild war die wirksame Einführung des Begriffs „p.c.“ (political correctness) durch die Werbestrategen der Reagan-Zeit in Amerika, im Auftrag der Neocons, um „liberal east-coast intellectuals“, „peaceniks“ und „greens“ lächerlich zu machen und das dumpfe Volksempfinden emotional versorgt an der Macht zu halten.
FAZ und FOX, Nato und WTO, Seehofer und Monsanto lieben diese Wörter. taz nicht? – taz wäre toll!
H. Doerry, Tübingen
Sie erinnern alle an den konkurrenzlosen Gutmenschen Günter Grass: Projektion der eigenen Schwächen und Verfehlungen auf den Rest der Gesellschaft.
R. Giese, Düsseldorf
Dass sie alle anderen guten Menschen neben sich schlecht aussehen lassen! Das ist schlecht an Gutmenschen.
U. Eckensberger, Saarbrücken
Seine Scheinheiligkeit. Kann sein, dass der Gutmensch gut ist, aber seine Art und Weise führt einfach dazu, dass man ihn nicht ernst nehmen und seine Handlungen nicht gutheißen kann.
B. Meinel, Fürstenfeld
Immer everybody’s darling sein zu wollen. S. H., Berlin
Es gibt ihn schlechthin nicht.
KGB, Berlin
Igitt! Alles! Kathrinchen, Weimar
Nur das Wort. Es macht glauben, einer sein bzw. werden zu sollen. Stress!
Karoline v. G., o. A.
Ein Gutmensch ist das Gegenteil von
einem guten Menschen.
R. Giese, Düsseldorf
Du meine Güte! Das Schlechte an Gutmenschen ist, dass andere durch diese permanente Nettigkeit daneben in einem völlig falschen Licht erscheinen, nämlich erbärmlich, herzlos und gleichgültig. S. Lang, Dettenhausen
Macht Liebe blind?(22. 11.)
Agape nein, amore ja. Tipp: statt verlieben lieben (und überhaupt alle Wörter mit „ver-“ verbieten – äh streichen). Aber die Hormone foppen uns, und wir, die gefoppten Bekloppten, haben auch noch Freude dran. Oder ist es rein willensmetaphysisch doch das Herz, was ja intellektualphilosophisch nicht zu begreifen ist? Henriette v.d. Pfalz, o. A.
„Von wannen kömmt dir diese Wissenschaft?“ (Katharina von der Vogelweide)
K. B. Heinrich, Berlin
Risikobereiter, verwegener. Abhängiger auch und verletzlicher. Vor allem aber vertrauensvoller, zuversichtlicher. Die besten Menschen sind wir, wenn wir verliebt sind. Kann da nicht mal jemand eine Pille erfinden?
B. Ostwald, Starnberg
Wie hoch ist Dreikäsehoch? (22. 11.)
Kommt darauf an: Der Franzose ist oft kleiner. Der Stinker ist größer als erlaubt, der Weiche nicht zu stapeln, der Emmentaler schon beträchtlich, und der, der zum Bahnhof gerollt wird, sicher übermannshoch.
K. B. Heinrich, Berlin
Ist das nicht alles kompletter Schwachsinn? (15. 11.)
Das frage ich mich auch jeden Tag. Vor allem kurz vor dem Aufstehen, gegen Mittag, wenn der Feierabend noch so weit weg ist – und dann nachts noch mal, und zwar ganz stark, wenn ich den Fernseher einschalte.
KJ Plötzsch, Bremen
Wullewupp Kartoffelsupp?!
S. H., Berlin
Wenn nur die Sinne tatsächlich etwas schwächer wären! Schwache Sinne sind nicht so leistungsstark, leuchten nicht alles ganz blitzsauber aus – lassen zu wünschen übrig … Aber die starken Sinne sind immer so furchtbar präsent, dass man um die Wahrnehmung seiner Umwelt leider oft nicht herumkommt: Und was man da sieht, will man doch eigentlich gar nicht sehen. Ein bisschen Schwachsinn würde die Welt erträglicher machen! P. Günter, Memmingen
Vorschlag:
Ein Mensch, der es zwar täglich sieht,
Was alles auf der Welt geschieht,
Und der’s erfuhr durch eig’ne Qual,
Die Erde sei ein Jammertal,
Möcht doch, der armen Welt zum Spott,
So herrlich leben wie ein Gott.
Doch ist dann meist die Sache die:
Er stirbt noch schlechter als ein Vieh.
Er sollte nur die Kunst erwerben,
Als Mensch zu leben und zu sterben.
(E. Roth)
Befürwortet von Henriette v.d. Pfalz.
Das meiste schon! F. Schöfels, Weilheim
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