: letzte Fragen
Was ist eigentlich ein Bratkartoffelverhältnis? (13. 2.)
Ich würde vorschlagen: die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau, in der eine reziproke Tauschwerterwartung über die sporadische Gewährung leiblichen Unterhalts in Form gebratener Kartoffeln vonseiten der Frau an den – meist – dazu eingeladenen Mann besteht, wobei von der – meist – gastgebenden Frau eine tatsächliche oder häufig auch vorgespiegelte affektive oder in extenso auch koitale Leistung seitens des Mannes als Erfüllung der Tauschaktion angenommen wird.
Bei näherem Hinsehen entpuppt sich das Bratkartoffelverhältnis als kulturelle Konstante nicht nur der abendländischen, sondern auch anderer Kulturen, wenn auch unter verschiedenen Namen und Konnotationen. Es sei erwähnt, dass es zum Beispiel bei den Inuit Nordwestkanadas Brauch ist, dass verheiratete Frauen, deren Männer auf Jagd sind, allein stehende Männer ihres Stammes zum „Leberlutschen“ einladen, wobei meist Dorschlebern zum Einsatz kommen. In Ostasien, wo man einen stärker verschlüsselten Code für soziale Umgangsformen pflegt, bezeichnet man – hier am Beispiel der Shinzu der Provinz Yünnan in Südchina – diese Art von Beziehung zwischen hauptsächlich unverheirateten und etwas älteren Personen als „ mit dem Nachbarn/der Nachbarin die guten Eigenschaften der letzten Reisernte prüfen“. Letztlich spiegelt sich in der Formulierung „Bratkartoffelverhältnis“ auch eine einseitige, überhebliche und eurozentrische Sichtweise eigentlich archetypischer und damit globaler Erscheinungen der menschlichen Kommunikation.
Herbert Bährsch, Mönchengladbach
Jeder weiß, dass Liebe durch den Magen geht, deshalb steht sie auch im Bezug zur Konsistenz der Bratkartoffel. Sind die Kartoffeln saftig, lecker und durchbraten, ist das Verhältnis ebenso, wenn die Kartoffeln von allen Seiten schwarz und durchkohlt sind, sieht die Beziehung auch so aus. Nach der bratkartoffeldurchkohlten Beziehungsfrage sucht man sich das nächste Schlafzimmer oder geht eben auf die nächste Party. Uwe-C. Schierhorn
Das stelle ich mir so vor: Wenn jemand aus Liebe zur Bratkartoffel ein Liebesverhältnis zu einem anderen Bratkartoffelliebhaber eingeht, u. a. zwecks Arbeitsteilung beim Zubereiten von Bratkartoffeln. Rose Remmert, Freiburg
Bratkartoffelverhältnis? Neudeutsch: Bedarfsgemeinschaft.
Die Wanderklause
Typisch deutsche Form einer quasi ehelichen Partnerschaft, deren Grundlage und Lebensinhalt zu 1 Prozent aus (sexuellem) Verkehr und zu 99 Prozent aus Verzehr von Bratkartoffeln besteht.
Lothar Picht, Sandhausen/Baden
Wenn zwei Bratkartoffeln heiß sind und sich ölig aufeinander wälzen.
Judith Leonhard
Warum gelingt der erste Pfannkuchen nie?
Weil vorher in der Pfanne ein Bratkartoffelverhältnis alles eingesaut hat.
Judith Leonhard
… weil der erste immer für unseren Hund ist. Damit er auch mal was Vernünftiges zu fressen bekommt.
Anne Scheuing, Heidelberg
Die Gier nach dem ersten Pfannkuchen lässt die nötige Sorgfalt außer Acht. Beim zweiten ist man dann (hoffentlich) schlauer.
Klaus Türk, Braunschweig
Seit wann und warum heißen 68er Alt-68er? Und gibt es Neu-68er? (22. 1.)
Alt-68er sind heute großenteils jene ehemaligen Blumenkinder, die sich auf Beamtenpöstchen zeitlebens mutig für die Weltrevolution engagieren mit ausgeprägter Tendenz zum Theoretisieren und zu verkopften Diskussionen. Friedrich Merz oder Laurenz Mayer jedenfalls sind keine, sondern haben ihre Karrieren als bürgerliche Anti-Alt-68er gemacht. Ich selbst zähle mich zu den Alt-78ern, mein Marsch durch die Institutionen ging über Handwerk, Industrie, Forschung, öffentlicher Dienst. Nach uns kam, glaube ich, die so genannte Turnschuhgeneration, die das Idealistische stark mit dem Pragmatischen verband, von mir aus Alt-88er. Alles danach leidet unter zu kurzen Verfallszeiten.
Hans-Peter Klein, Eller/Mosel
Ja, die gibt es. Es ist die Generation derer, die 1949/50/51 geboren wurden und als Jugendliche die Konflikte mit großen Staunen und Möchtegerndabeisein verfolgt und begleitet haben. Sie waren oft zu jung, um die politische Tragweite zu begreifen. In der gegenwärtigen Diskussion werden diese Menschen irrtümlich mit den Alt-68ern vermischt. Die Neu-68er liebten eher den „Steppenwolf“, den „Siddharta“ und die damit einhergehenden Fragen nach den Triebkräften des Handelns und deren Wirkungen. Die Alt-68er haben auch Woodstock hervorgebracht, was die Neu-68er als Freiheits und Demokratieverständnis in die Politik der 70er-Jahre eingebracht haben. Den gesellschaftspolitischen Wandel vollzog Willy Brandt.
Uwe-C. Schierhorn, ein Neu-68er
Alt-68er sind die überlebende absolute Minderheit, die fast nur unter den 10 bis 15 Prozent Studentenparlamentswählern zu finden waren. Auf dem flachen Land oder in Konzernen gab es sie hier und da noch als Alibilinke oder Hofnarren. 68er oder besser Neu-68er sind die große Mehrheit in den Jahrgängen 40–55, die heute behaupten, Alt-68er zu sein. Es verhält sich umgekehrt proportional wie bei den Ex-PGs unserer Eltern oder Ex-Blockflöten im Osten, die sich nach den jeweiligen Umbrüchen auf wunderliche Weise in Luft aufgelöst haben.
Chrischan Jürgens, Bremen
Was sind Blindfische? (15. 1.)
Das Gegenteil von Seegurken.
Irina Sasse
Ein Blindfisch ist ein Mensch, der Blindfische mit Blindgängern verwechselt, weil er so blind ist wie ein blinder Fisch.
B. Gemballa
„Blindfisch“ gehört zu der Sorte tierischer „Necknamen“, wie „blindes Huhn“, „Trampeltier“ oder „dumme Sau“, mit der Menschen die vermeintlich begrenzte Wahrnehmungsfähigkeit von Tieren auf ihre Mitmenschen übertragen. Eine völlig unangebrachte Tierfeindlichkeit.
Katrin Schulze, Fürth
Ist es möglich, dass Blindfische in Wirklichkeit taz-Leser sind, die ein spezielles Wahrnehmungsorgan für das zeitgleiche Zusenden sinnleerer Fragen haben? Gibt es dann also doch morphogenetische (Blindfisch-)Felder?
Svenja Tidow, Appen-Etz