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letzte Fragen

Warum ziehen Fußballspieler ihr Trikot übers Gesicht, wenn sie ein Tor geschossen haben? (2. 11.)

Die Antwort gab schon Goethe: „Wo viel Licht ist, ist viel Schatten.“

Peter Assenmacher, Pforzheim

Zunächst einmal ist es erstaunlich, dass diese Geste nicht schon früher aufgekommen ist. Vordem gab es nur direkten Torjubel: archaisches Herausbrüllen der Freude, Armehochreißen et cetera. Roger Milla aus Kamerun führte dann bei der WM 1990 den eleganten Freudentanz ein, der bis heute in Abwandlungen zu beobachten und eine meisterhafte Selbstdarstellung eines Siegers ist. Die ultimative Selbstdarstellung besteht aber letztlich im Ausziehen beziehungsweise im Wunsch nach Darstellung des nackten Siegerkörpers, der durch das Hochziehen des Trikots halt nur angedeutet wird.

Roland Weber, Hamfelde

Ist doch klar bei einem Eigentor. Würdest du nicht auch dein Gesicht verbergen, um die Schadenfreude der gegnerischen Manschaft beziehungsweise deren Fans nicht sehen zu müssen, oder?! Philipp Horn, Karlsruhe

Fussballer sind (Leder-)Fetischisten. Und der Sauerstoffmangel steigert das Lustempfinden.

Hannes Blockwardt, Berlin

Das Gesicht ist das Schaufenster des Subjekts. Durch den Gesichtsausdruck verrät man etwas über sein Innenleben. Nun gibt es Affekte, die sich ein modernes Subjekt eigentlich nicht leisten kann, weil sie über den Rahmen der normalen Gefühle hinausgehen, die man in der Öffentlichkeit zeigen kann – dazu gehört ungehemmte Freude. Sich das Trikot über das Gesicht zu ziehen kann somit als Akt der Desubjektivierung verstanden werden. Das heißt, man verhüllt sein Gesicht, um einem Affekt frönen zu können, der einem normalerweiser als Entgleisung angekreidet würde. Es handelt sich also um eine schöne Geste. (Umgekehrt kann der Zwang zur Verschleierung von Frauen im Islam als systematisches Aberkennen des Status eines voll gesellschaftsfähigen Subjekts verstanden werden.) Joachim Kamlah, Berlin

Hat Orientierung etwas mit Orient zu tun? (2. 11.)

Ja klar. Der Orient ist der Osten. Und wenn du weißt, wo die Sonne aufgeht, bist du orientiert. Im amerikanischen Englisch heißt es übrigens seit einigen Jahren nicht mehr Orientation sondern Oilientation, denn die USA. wollen heutzutage weniger wissen, woher das Licht kommt, sondern, wo das Öl sprudelt.

„Olientierung ist alles“, sagen übrigens die Chinesen schon, seit der gute alte Rockefeller mit „Öl für die Lampen Chinas“ ein Millionenvermögen machte. Der Enkel Bush braucht das Öl nur noch für sich selbst. Hoffentlich nordet er bald seine Karten besser ein, damit er den Osten aus dem Auge verliert. Das hieße dann übrigens: Desorientierung!

Heinz Mundschau, Aachen

Bereits der flüchtige Blick ins etymologische Wörterbuch zeigt, dass die beiden Begriffe natürlich zusammengehören. In der dtv-Ausgabe etwa heißt es: Orient = „Himmelsrichtung, Gegend, in der die Sonne aufgeht …“. Orientieren = „etwas nach dem Aufgang der Sonne, nach den Himmelsrichtungen ausrichten“. Spätere Erweiterung der Bedeutung: „die Lage bestimmen, ausrichten …“.

Roland Weber, Hamfelde

Warum haben Geldautomaten und Telefone die 123 in der obersten Zeile, Rechenmaschinen die 789? (19. 10.)

Ohne Gewähr kann ich dazu anmerken, einmal gelesen zu haben (in der PM?), dass die ursprüngliche Anordnung 789 von Rechenmaschinen herrührt und durch die Mechanik bedingt war. Die den Lesegewohnheiten entsprechende 123 kam mit den Tastentelefonen auf, die statt Hebelmechanik elektrische Schalter direkt unter der Taste besitzen. Die 123-Anordnung ist allerdings nicht weltweiter Telefonstandard. Wer also im Urlaub die Telefonnummer der Freunde nicht im Kopf, sondern nur das Wählmuster in der Hand hat, kann zum Umdenken gezwungen sein.

Burkhard Meyer, Lüneburg

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