leserinnenbriefe :
Faschismus ist ein Verbrechen
■ betr.: „Falsches Gesetz, auch wenn es die Richtigen trifft“, taz v. 18. 11. 09
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Nein, es sieht nicht schön aus, wenn Nazis durchs Brandenburger Tor marschieren und, ja, das Grundgesetz sollte für jeden gelten.
Für jeden, der es sich zur ethischen und politischen Aufgabe macht, sich für dieses Grundgesetz zu exponieren.
Dazu gehören Neonazis bekanntlich nicht, und deswegen halte ich es für vollkommen legitim, ihre „Meinungsfreiheit“ einzuschränken.
Gerade eine Demokratie wie Deutschland, die schon einen Angriff von rechts außen erlebt hat und diesen mit einer zwölfjährigen Gewaltdiktatur bezahlen musste, braucht wehrhafte Gesetze gegen die faschistischen Geschichtsrevisionisten von heute. Eine Argumentation, wie Christian Rath sie in seinem Kommentar vornimmt, ist inakzeptabel, denn sie könnte genau diesen Rechtsextremisten helfen, sich als Märtyrer der Meinungsfreiheit darzustellen.
Holocaust-Leugnung und Glorifizierung von verurteilten Massenmördern haben keinen Platz in unserer Welt, vor allem nicht in unserer demokratischen Welt.
Gerade weil das neue Gesetz antifaschistisch begründet ist, ist es ein weiterer Schritt zur Demokratisierung, denn man braucht nicht diejenigen mit dem Bonbon Meinungsfreiheit zu beglücken, die eben diese Meinungsfreiheit zugunsten ihrer faschistischen Weltansicht aushöhlen wollen.
THORBEN KAPPLER Meckenheim
Höchste Zeit
■ betr.: „Falsches Gesetz, auch wenn es die Richtigen trifft“
Entschuldigung, die Logik erschließt sich mir nicht! Wenn dieses Gesetz nicht schon vor 60 Jahren eingeführt worden ist, dann wird es doch jetzt höchste Zeit! Offensichtlich haben wir keine in 60 Jahren gefestigte Demokratie! Wieso nennen Sie ein Gesetz „eigentlich verfassungswidrig“, wenn es das Bundesverfassungsgericht beschlossen hat?
NORBERT VOSS, Berlin
Das ist zynisch
■ betr.: „Falsches Gesetz, auch wenn es die Richtigen trifft“
Neonazis sind Leute, die Völkermord gut finden und unsereins lieber heute als morgen umbringen würden, wenn sie denn könnten. Für solche Leute, die die Grundrechte mit Füßen treten, diese einzufordern, wie Nazianwalt Rieger, ist zynisch. Dass ein taz-Autor ihm offenbar in seiner perfiden Argumentation nacheifert, macht betroffen.
WERNER STAFFEN, Schnakenbek
Gefährliches „Sondergesetz“
■ betr.: „Falsches Gesetz, auch wenn es die Richtigen trifft“
Zwar werden viele Linke und alle Antifas sagen: Endlich hat das BVG begriffen: keine Meinungsfreiheit für Nazis. Und sie werden sich über die taz empören. Zugegeben, auch ich empfinde klammheimliche Freude über das Urteil, aber die ist ebenso wenig angebracht wie Freude über die Rettung eines Entführungsopfers aufgrund einer durch Folter erpressten Aussage des Tatverdächtigen. Ausnahmsweise ein „Sondergesetz“ für verfassungskonform zu erklären ist ebenso gefährlich, wie ein Loch durch einen vor Wasserfluten schützenden Damm zu bohren. Wer schützt uns davor, dass eines Tages andere Richter andere Ausnahmen für gerade noch vertretbar erklären?
HOLGER GUNDLACH, Hamburg
Uneingeschränkte Zustimmung
■ betr.: „Falsches Gesetz, auch wenn es die Richtigen trifft“
Zum einen übersieht Rath, dass die Richter des Bundesverfassungsgerichts „mit sich und der Frage gerungen haben, warum ein Verbot, das eigentlich in einer Demokratie nicht statthaft ist, in diesem Fall doch statthaft sein kann und sollte (…) und der Volksverhetzungsparagraph im Ergebnis deswegen in Ordnung ist, weil das Grundgesetz eine ganz besondere Geschichte hat (…) Die Freiheitsgrundrechte verkörpern die Erinnerung an das Menschheitsverbrechen. Diese Erinnerung darf nicht verwüstet werden durch die militante Beleidigung der Opfer. Die Grundrechte sollen nicht missbraucht werden, um das Gedenken derer zu verhöhnen, die sie verkörpern (…) Dies Sonderrecht ist nicht entfallen, weil das Grundgesetz 60 Jahre alt geworden ist.“
So weit Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung, dem aus der Sicht eines 74-Jährigen Verfassungspatrioten, dessen erste erlebte Tote erschossene Jüdinnen im Straßengraben der Fluchtstrecke waren, einfach nur uneingeschränkt zugestimmt werden kann.
Zum anderen hätte Rath bedenken müssen, dass allzu oft – und daran hat der Volksverhetzungsparagraf nichts geändert – nicht die rechten Hetzer, sondern Gegendemonstranten von der Polizei drangsaliert, sistiert und niedergeknüppelt werden. Nichts für ungut!
INGOLF SPICKSCHEN, Salzgitter