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Archiv-Artikel

leserinnenbriefe

Einseitige Kritik

■ betr.: „Nur auf Zehenspitzen gehen“, taz vom 10. 3. 10, Leserbrief: „Plumpe Polemik, nein danke!“, taz vom 13. 3. 10

Dass die rechte Szene einen Beitrag wie den von Iris Hefet begeistert aufnimmt, ist nicht verwunderlich. Deshalb muss man sich aber beim Lesen nicht ebenfalls Scheuklappen aufsetzen. Der Autorin „bewusstes Provozieren gegenüber der notwendigen Erinnerung“ am Holocaust vorzuwerfen entstammt nämlich einer sehr einseitigen Kritik. Natürlich kann man den unglücklichen Begriff der „Schoah-Religion“ kritisch hinterfragen. Den ganzen Artikel als polemisch abzustempeln ist aber unfair. Denn es geht Frau Hefet doch gerade um eine konkrete Erinnerungskultur, die das ziemlich realistische Morden auch immer wieder personalisieren soll. So unfassbar der damalige Exzess auch heute noch sein mag, eine Überhöhung und somit Enthistorisierung und somit Entpersonalisierung dient vor allem den Tätern und deren Mitläufern. JÖRG RICHTER, Kaiserslautern

Das ist ein Skandal!

■ betr.: „Mit Rechtsextremen gegen Rechtsextreme“, taz v. 12. 3. 10

Das ist ein Skandal, aber nicht nur das. Ein Gespenst geht um in Deutschland, das Gespenst des Extremismus. Seit einiger Zeit schon rücken konservative Kräfte den Kampf gegen „Linksextremismus“ wieder in den Fokus. Dieses Verständnis geht von der Annahme aus, eine demokratische Mitte würde von extremen Rändern bedroht. Dass ein solches Szenario nicht den Kern trifft, wissen wir nicht erst seit Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen, wo brave BürgerInnen applaudierend auf der Straße standen, während Asylbewerberheime in Flammen standen und in der Folge die Verschärfung der Asylgesetzgebung durch die große Koalition stand. Hier wird deutlich, wie neonazistische und rechtskonservativen Kräfte mit der bürgerlichen Normalgesellschaft interagieren.

So ist der „Extremismusbegriff“ ein Kampfbegriff, eine Waffe gegen KritikerInnen kapitalistischer Verhältnisse, gerade in Zeiten einer Verschärfung der ökonomischen Krise und einer breit angelegten Umverteilung von unten nach oben durch Leiharbeit, Abbau sozialer Sicherungssysteme, Arbeitslosenhetze etc. Als Linke müssen wir ihn entschieden zurückweisen, uns der Teilnahme an solchen Bündnissen verweigern und Alternativen zu beidem schaffen.

PETER ENDE, Kassel

Der Papst ist vorausschauend

■ betr.: „Der Fall des Katholizismus“, taz vom 15. 3. 10

Der gegenwärtige Papst ist durchaus selbstkritisch und vorausschauend. Man muss nur genau hinhören. Am Ende seiner USA-Reise im April 2008, die von den zahllosen Missbrauchsfällen in der dortigen katholischen Kirche überschattet war, sagte Benedikt XVI. zum Abschied: „Ich habe mich bei euch wie zu Hause gefühlt.“

UDO GRÖNHEIT, Berlin

Rück die Akten raus!

■ „Missbrauch – agiert der Staat zu lasch?“, sonntaz vom 13. 3. 10

Dass laut Anordnung alle schweren Straftaten ja seit einigen Jahren vorbehaltlos beim Papst zur Untersuchung gegeben werden müssen, ergibt doch: Super, der alte Oberaufklärer Benedikt sammelt das Ganze. Muss ja nicht gleich eine Hausdurchsuchung beim Papst sein. Einfach mal anrufen und sagen: Jetzt ist es an der Zeit. Es kann nicht mehr heißen, der Herrgott wird es schon richten, sondern rück die Akten raus! GENT RAOUL, Berlin