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Archiv-Artikel

lebenslügen CDU bleibt kapitalistische Partei

Jürgen Rüttgers‘ PR-Kampagne durch die Berliner Debattenrepublik kommt zuhause schlecht an. Überschriften wie „Abschied von Lebenslügen“ und „CDU ist keine kapitalistische Partei“ mögen dem NRW-Regierungschef in der Bundeshauptstadt helfen, endlich ein Image zu bekommen. Doch die neue Aura des kapitalismuskritischen Sozialonkels spaltet die CDU-Parteibasis an Rhein und Ruhr eher, als dass sie die immer noch relativ neue Regierungspartei eint.

Die CDU in NRW war nämlich immer eine kapitalistische Partei. Abgesehen vom folgenlosen „Ahlener Programm“ stand die christdemokratische Volkspartei seit dem Krieg für ein ideologisches Konstrukt namens soziale Marktwirtschaft. Als Kosewort für diesen korporatistischen Politikstil hat sich der Begriff „Rheinischer Kapitalismus“ eingebürgert. Rheinisch sicher. Aber eben vor allem Kapitalismus.

KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER

Unternehmertum, Wohlstand und Sozialpartnerschaft waren Elemente dieser Wertegemeinschaft. Doch anders als im Politsprech der Rüttgers-Spindoktoren ging es dabei nicht um Image, sondern um Inhalt. Wenn der CDU-Bundesvize nun einen medialen Großangriff auf diese Weltanschauung unternimmt, muss er wissen, dass er die ideologischen Grundfesten seiner Parteifreunde erschüttert.

Der schlichte Glaubenssatz vom tüchtigen Unternehmer, der mit fleißigen Arbeitern einen Beitrag zum Gemeinwohl leistet und deshalb Steuersenkungen immer gut gebrauchen kann, war stets falsch, aber dennoch wirkungsmächtig – vom CDU-Mittelstandspolitiker bis zum CDA-Funktionär. In diese heile Gedankenwelt des rheinisch-westfälischen Konservativismus bricht Rüttgers ein, wenn er den arbeitsmarktpolitischen Nutzen von Steuersenkungen anzweifelt. Bleibende Schäden dürfte der Ministerpräsident allerdings nur verursachen, wenn er seine neuen Thesen auch in Politik umsetzt. Danach sieht es nicht aus. Vielmehr scheint Rüttgers ein altes SPD-Motto zu beherzigen: Links reden, rechts regieren.